Angie Thomas: „Concrete Rose“

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05:51 Minuten
Das Buchcover "Concrete Rose" von Angie Thomas ist vor einem grafischen Hintergrund zu sehen.
Auch in Angie Thomas neuem Roman "Concrete Rose" prallen verschiedene Lebenswelten aufeinander. © Deutschlandradio / cbj Jugendbuch
Von Sylvia Schwab · 22.01.2021
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Für ihr Debüt erhielt Angie Thomas 2018 den Deutschen Jugendliteraturpreis. Es ging um einen Mord an einem jungen Schwarzen in den USA. Auch ihn ihrem neuen Roman stellt sie die Lebenswelt junger Afroamerikaner dar - authentisch und berührend.
Auch in Angie Thomas neuem Roman prallen Lebenswelten aufeinander, jedoch nicht so vehement wie in "The Hate U Give". In Mavericks Viertel leben vor allem "people of colour" und Schwarze.

Leben mit der Gang

Maverick ist Mitglied einer Gang, die zugleich seine erweiterte Familie ist. Die "Brothers" stehlen und dealen, im Krieg mit der verfeindeten Gang passieren sogar Morde. Darum sitzt Mavericks Vater auch seit zehn Jahren im Gefängnis, während seine Mutter zwei Jobs hat, um sich und ihren Sohn über die Runden zu bringen.
Maverick ist ein sympathischer Junge. Er liebt seine Mutter und seine Freundin Lisa, bemüht sich, ein anständiger Kerl zu sein und seinen High-School-Abschluss zu machen. Aber als gleich zwei Mädchen von ihm ein Kind bekommen, fängt der Absturz an.

Wenn das Geld nicht reicht

Als überforderter 17-jähriger Vater schafft er die Schule nicht mehr. Maverick geht jobben, doch das Geld fehlt an allen Ecken und Enden. Schließlich sieht er keinen anderen Ausweg aus dem Chaos und beginnt zu dealen. Als sein Cousin und bester Freund dann auch noch erschossen wird, ist er sogar zu einem Rache-Mord bereit, den er glücklicherweise vergeigt.
Der junge Mann erzählt selbst seine dramatische Geschichte. Da er schlau und witzig ist, kommt sie nicht pathetisch rüber, sondern ausgesprochen unterhaltsam. Er beherrscht alle Töne von schnoddrig bis sensibel, komisch bis bitter.

Lebenhafte, authentische Sprache

In den Auseinandersetzungen mit seiner Mutter oder den Kumpels fliegen Flüche und die amerikanischen Slang-Ausdrücke wie Ping-Pong-Bälle hin und her. Seine Sprache ist so spontan und energiegeladen wie er selbst. Wer da nicht immer mitkommt, kann in einem seitenlangen Glossar die rasantesten Sprüche übersetzt nachlesen.
Man könnte Angie Thomas vorwerfen, die vielen Konflikte - immerhin geht es um Drogen, Dealen, sogar um Mord - durch die Art der Erzählung zu verharmlosen. Aber: "Concrete Rose" ist weder Krimi noch Thriller, sondern ein Coming-of-Age-Roman, in dem ein junger Mann sich darüber klar werden muss, was in seinem Leben wirklich zählt. Leichtes Geld oder harte Arbeit, Ausbildung oder Gefängnis?

Gegen Rassismus und für Teilhabe

Es geht Angie Thomas nicht um eine Entschuldigung für Mavericks Taten, sondern um Verständnis für seine Situation. Der Roman spielt Ende der 1990er Jahre. Wie auch heute wollen die Protagonisten nicht länger auf ihre Hautfarbe reduziert werden, sondern gleichberechtigt leben. Doch sie haben weiterhin mit Rassismus und Vorurteilen zu kämpfen und müssen sich den dadurch entstehenden alltäglichen Problemen stellen.

Musik spiegelt Lebenswelten

Der Titel "Concrete Rose" - Betonrose - stammt aus einem Song des Rappers Tupak Shakur. Und so spielt Musik in diesem spannenden Roman überhaupt eine wichtige Rolle. Im Auto, im Bett, beim Babywickeln: Musik spiegelt die Stimmung, die Hoffnungen und Sehnsüchte der jungen Leute.
Rosen, das lernt Maverick in seinem seiner Jobs, können selbst unter schwierigsten Umständen blühen. Junge Menschen kann das auch gelingen, wenn sie begreifen, dass es "okay" ist, Angst zu haben. Denn nur wer Angst zulässt, kann Verantwortungsbewusste und mutige Entscheidungen treffen.
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