Angela Merkel trifft Greta Thunberg

Klimagespräch im Kanzleramt

08:55 Minuten
Klimaaktivisten der Fridays for Future Bewegung stehen am Morgen vor dem Bundeskanzleramt mit dem Banner "Face the Climate Emergency". Die Bundeskanzlerin empfängt die führenden Aktivistinnen der Klimaschutz-Bewegung Thunberg und Neubauer im Kanzleramt zum Gespräch.
Klimaaktivisten der Fridays for Future-Bewegung demonstrieren vor dem Bundeskanzleramt, während führende Aktivistinnen bei Angela Merkel zu Gast sind. © picture-alliance/dpa/Kay Nietfeld
Manuel Rivera im Gespräch mit Ute Welty  · 20.08.2020
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Das Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Greta Thunberg wird vor allem der deutschen Regierungschefin nutzen, meint der Soziologe Manuel Rivera. Fridays for Future profitiere eher davon, an den Gegensätzen zur Politik festzuhalten.
Greta Thunberg zu Besuch im Kanzleramt: Es ist das zweite Mal, dass sich Bundeskanzlerin Angela Merkel mit der schwedischen Klimaaktivistin trifft. Mit von der Partie sind auch Luisa Neubauer von der deutschen Friday-For-Future-Bewegung und zwei belgische Mitstreiterinnen.
Er glaube nicht, dass Merkel und die Aktivistinnen aneinander vorbeireden werden, sagt der Soziologe Manuel Rivera, Forschungsleiter am Potsdamer Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung. Merkel habe ein beträchtliches Verhandlungsgeschick, dass es ihr ermögliche, gerade in kleineren Gruppen und abgeschirmt von der Öffentlichkeit konstruktiv zu reden. "Ich denke, das kann auch produktiv werden", so Rivera, der aber nicht mit konkreten Ergebnissen rechnet.
Merkel werde vom Treffen politisch profitieren, weil sie zeige, dass sie mit der jungen Generation spreche. "Das kann sie dann in kleineren Zirkeln nutzen als Legitimitätsressource." Schließlich habe Merkel nach 16 Jahren Kanzlerschaft durchaus Ambitionen, als jemand dazustehen, der etwas für das Klima getan habe.

Zweifel am Nutzen für Fridays for Future

"Ob es der Bewegung Fridays for Future so gut tut, da bin ich durchaus zweifelnd", sagt Rivera. Soziale Bewegungen benötigten den Gegensatz. Die Rhetorik von Greta Thunberg sei eigentlich immer stark gegen Politik und Wirtschaft gerichtet gewesen, aber auch gegen die ältere Generation. Eine "Allumarmung" berge gewisse Risiken.
Thunberg werde von einem Mädchen zu einer jungen Frau, die sich auf die Ebene der Interessen begeben und sich darin verstricken werde, erwartet der Soziologe. Sie werde den "Effekt des Kindes" verlieren. Aber als Figur, wie sie vor zwei Jahren aufgetreten sei, werde sie die Fantasie der Menschen weiter beschäftigen. "Das ist fast wie die Jeanne d´Arc im Spätmittelalter", so Rivera.

Das Panikmotiv verbraucht sich

Der Appell der Klimaaktivistin an die Angst nutze sich ab, sagt Rivera - und werde von unmittelbaren Ängsten durch Corona sehr schnell ausgestochen. "Das Panikmotiv ist kein sehr tragfähiges."
Dagegen seien die Schuldzuweisungen von Thunberg für manche Menschen beschämend und hätten damit einen Effekt. Das Motto "Ihr verhagelt uns unsere Zukunft" mobilisiere viele junge Leute und lasse sich auch nicht so schnell vom Tisch wischen.
(gem)
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