Arte-Doku "Angela Merkel - im Lauf der Zeit"

Filmischer Essay über die Kanzlerin

06:30 Minuten
Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel
Eine persönliche Annäherung an die ehemalige Bundeskanzlerin hat der Regisseur Torsten Körner in seinem Dokumentarfilm "Angela Merkel - Im Lauf der Zeit" versucht. © Imago / NurPhoto / Maciej Luczniewski
Matthias Dell im Gespräch mit Eckhard Roelcke  · 21.02.2022
Audio herunterladen
Die Doku "Angela Merkel - im Lauf der Zeit" wirft einen Blick zurück auf Merkels Amtszeit. Unser Kritiker lobt den essayistischen Ansatz: Man erfährt, wie Politik funktioniert. Allerdings leide der Film auch etwas am ausgeprägten Gestaltungswillen des Filmemachers.
Torsten Körners Film "Die Unbeugsamen" über starke Frauen in der Bonner Republik erntete im vergangenen Jahr viel Lob und große Aufmerksamkeit. Nun widmet sich der Filmemacher in der Dokumentation "Angela Merkel - Im Lauf der Zeit" einem Rückblick auf die Ära der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel. 2016 hatte er schon einmal einen Merkel-Film gedreht, mit dem Titel "Die Unerwartete".

Das Motiv der Zeit

Der Film näher sich Merkel essayistisch an, sagt unser Filmkritiker Matthias Dell. "Das Motiv der Zeit, das zieht sich so ein bisschen durch den Film."
So werde in der Dokumentation beispielsweise erzählt, wie unangenehm es die Bundeskanzlerin bei den Verhandlungen während der Finanzkrise gefunden habe, dass man in der Nacht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt fertig sein musste, weil die Finanzmärkte in Asien öffneten.
"Solche Kleinigkeiten helfen schon, zu vermitteln, wie Politik eigentlich funktioniert", so Dell, der den Film empfiehlt.

Unterschiedliche Stimmen zu Angela Merkel

Interessant findet Dell auch die Gesprächspartner im Film, die auf das klug kombinierte Material manchmal einen anderen Blick werfen würden. Als Beispiel nennt er ein Interview mit der Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, die vom frauenfeindlichen Umganston erzählt, auf den Merkel zu Beginn ihrer Amtszeit stieß.
Der Regisseur habe versucht, etwas persönlicher an die verschlossene Merkel heranzukommen, sagt Dell. So komme der Schauspieler Ulrich Matthes zu Wort, der mit Merkel befreundet sei. Bemerkenswert sei auch die Auswahl der Gesprächspartner im Film, beispielsweise der frühere US-Präsident Barack Obama, aber auch die Klima-Aktivistin Luisa Neubauer. Man könne sich fragen, warum da kein "CDU-Hardliner" vorkomme, der etwas herumschimpft.

Zu viel des Guten

Als Kritik merkt Dell aber an, dass der Regisseur es mit seinem Gestaltungswillen und einem Zuviel an Ideen etwas übertreibe. Das sei schon im Film "Die Unbeugsamen" so gewesen. So sollten beispielsweise die Gesprächspartner in der aktuellen Dokumentation alle die "Merkel-Raute" machen.

Zuschauer sollen sich eigenes Merkel-Bild machen

"Mir war wichtig, dass der Zuschauer, die Zuschauerin die Möglichkeit haben, sich ein eigenes Bild zu machen", sagt Regisseur Torsten Körner im Gespräch [AUDIO] . Er hat den Titel seines Films "Angela Merkel - Im Lauf der Zeit" sehr ernst genommen: "Ich zeige sie durch die Zeitläufe und ich zeige sie in sehr verschiedenen Stadien ihrer Biografie und Karriere."
Auf einen Offkommentar hat er bewusst verzichtet, damit das Publikum seine eigenen Schlüsse ziehen kann.

Eine Stabilitätsgarantin und -illusionistin

Eine 16-jährige Schülerin erzählt im Film davon, dass sie von der Kanzlerin in ihrem eigenen Alltag sehr berührt gewesen sei und Merkel ihr Stabilität verliehen habe. "Ich fand das erstaunlich, wie sie das geschildert hat", so Körner.
Er beschreibt Merkel als "Stabilitätsgarantin" und "Stabilitätsillusionistin" zugleich. "Wir haben Stabilität sehen wollen in ihr und durch sie, wo Stabilität vielleicht gar nicht mehr da war."

(gem)

Der Dokumentarfilm "Angela Merkel - Im Lauf der Zeit" ist heute auf Arte zu sehen und am Montag in der ARD. Er kann schon jetzt in der Arte-Mediathek abgerufen werden.

Mehr zum Thema