Konfliktforscher Zick

"Pandemien erzeugen einen neuen Extremismus"

09:03 Minuten
Corona-Maßnahmenkritiker ziehen abends durch Murnau.
Mit der zunehmenden Gewaltbereitschaft und Radikalisierung in der Corona-Protestbewegung sei zu rechnen gewesen, sagt der Konfliktforscher Andreas Zick. © imago images / aal.photo / Alexander Pohl
Andreas Zick im Gespräch mit Nicole Dittmer · 03.01.2022
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Dass in der Corona-Pandemie sektiererische Gruppen wie die "Querdenker" auftreten, sei in einer Krise nichts Ungewöhnliches, meint der Konfliktforscher Andreas Zick. Manche Menschen hätten keine Bindung mehr an die Mehrheitsgesellschaft, warnt er.
Es sind nicht unbedingt viele, die gegen die Corona-Politik auf die Straße gehen. Aber ihr Protest wird immer radikaler.
Überraschend findet der Konfliktforscher Andreas Zick von der Universität Bielefeld diese Entwicklung nicht: Pandemien oder andere Krisen erzeugten sektiererische Bewegungen und „einen neuen Extremismus“, sagt er. „Viele Menschen fühlen sich verunsichert, sind ohnmächtig, das ist eigentlich die Zeit für fundamentalistisch-sektiererische Gruppen.“

Rechtsextreme wollen „Spaziergänge“ besetzen

Die Dynamik dieser Entwicklung beschreibt Zick so: Bereits im Frühjahr 2020 habe es einen Anstieg von vorurteilsbasierten Hasstaten gegen asiatisch aussehende Menschen gegeben. „Auf einmal werden die Feindbilder wach. Dann kommen die Verschwörungsmythen“, so der Konfliktforscher. „Dann haben wir gesehen, es organisieren sich die ersten Gruppen. Das waren rechtsextreme Gruppen, das waren rechtspopulistische Gruppen, das waren rechtsextreme Gruppen, die wir jetzt auch sehr deutlich sehen, die versuchen, genau diese Spaziergänge zu dominieren und zu besetzen.“
Auch die Distanzierung von demokratischen Grundnormen sei schon im vergangenen Jahr zu erkennen gewesen. „Das hat sich organisiert, das hat sich professionalisiert.“ Und es habe sich radikalisiert, warnt Zick: „Wir haben jetzt Menschen, die überhaupt keine Bindung mehr an das haben, was wir vielleicht so an Normalität oder Mehrheitsgesellschaft beobachten.“

„Etwas, das wir noch nicht zu Ende verstehen“

Letztlich könne man diese neuen Gruppen aber noch gar nicht richtig beschreiben, weil sie sehr heterogen seien, meint Zick:
„In diesen Protestbewegungen formiert sich etwas Neues, was wir vielleicht noch nicht zu Ende verstehen, wo wir aber merken, es gibt doch viele Menschen in der Bevölkerung, die wir nicht mehr durch einen Appell an bestimmte Normen zurückbekommen.“
(uko)

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