Anders Recyceln in der Schweiz

"Beim gelben Sack kommt hinten nichts Gutes raus"

06:13 Minuten
Wertstoffabholung in Hamburg: eine Wertstofftonne vor einem Gartenzaun, daneben ein Stape Gelber Säcke
Wertstoffabholung: Nicht die Menge der recycelten Wertstoffe ist entscheidend, sagt Bunge, sondern die Qualität der Wiederverwertung. © imago images/Christian Ohde
Rainer Bunge im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur · 28.07.2020
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Schlacke entsteht beim Verbrennen von Müll und wird im deutschen Straßenbau verwendet. Dabei gelangen auch Schwermetalle hinein, kritisiert der in der Schweiz tätige Abfallexperte, Rainer Bunge. Dort gehe man daher einen anderen Weg.
Die Deutschen gelten als Mülltrenner Nummer eins. Tatsächlich landen fast 70 Prozent des deutschen Hausmülls in den Recyclinganlagen. Dort wird ein Großteil des Mülls als unbrauchbar aussortiert - es entsteht wiederum Abfall vom Hausmüll. Der wird dann entweder ins Ausland exportiert oder verbrannt.
Beim Verbrennen entsteht noch mal neuer Müll: giftiger Staub in den Filteranlagen und Millionen von Tonnen so genannter Schlacke. Dass ein Teil dieser Schlacke noch immer im deutschen Straßenbau verwendet werde, hält der in der Schweiz tätige Professor für Umwelttechnik, Rainer Bunge, für "skandalös".

"In 30 Jahren sieht man nicht mehr, was da verlocht wurde"

Denn Schwermetalle wie Kupfer, Zink oder Blei verblieben in der Schlacke. Nur so bleibe das Material grobkörnig und könne für den Bau verwendet werden. Das Umweltproblem mache sich weniger beim Bau als später beim Abbruch der Straßen bemerkbar, sagt Bunge. "In 30 bis 50 Jahren sieht man das nicht mehr so ganz genau, was da verlocht wurde. Und das wird dann in den Baustoffkreislauf eingeschleust."

Ein Wahnsinn: Abfallwirtschaft ohne Deponien

Um die Metalle herauszuholen, müsse man die Schlacke zerkleinern - genau das passiere in der Schweiz. Dort werde auf eine umfassende Recyclingkultur weniger Wert gelegt. In der Schweiz würden nur hochwertige Recyclinggüter produziert und der Rest verbrannt, sagt Bunge.
"Die Sachen, die wir sammeln, die haben eine gute Qualität, weil wir eben nur wirklich gute Materialien sammeln, die PET-Flaschen beispielsweise." Etwas wie den gelben Sack gebe es nicht. "Im gelben Sack, da wird aller möglicher Kram gesammelt. Und da kommt auch hinten nichts Gutes raus," urteilt der Umwelttechniker.
In der Schweiz gebe es für die Reststoffe spezielle Deponien, ganz anders als Deutschland. Dort herrsche die "Wahnsinnsvorstellung" vor, dass die Abfallwirtschaft ohne Deponien auskomme und dass alle Arten von Giftstoffen recycelt werden könnten. "Das sehen wir in der Schweiz anders", sagt Bunge.
(huc)
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