Amazon vor Streik im Mai

Von Anke Petermann · 06.05.2013
Bisher gibt es wenig Bewegung in den Verhandlungen zwischen Amazon und ver.di. Jetzt drohen Streiks in Bad Hersfeld und Leipzig. Dafür hatten sich ver.di-Mitglieder in einer Urabstimmung ausgesprochen.
Noch in diesem Monat soll gestreikt werden – mit dieser Drohung will die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di den weltgrößten Onlinehändler drängen, den Tarifvertrag für den Einzel- und Versandhandel anzuerkennen und mit ihr zu verhandeln. Der hessische Ver.di-Verhandlungsführer Bernhard Schiederig kritisiert:

"Amazon zahlt im Moment einen Stundensatz von 9,83 Euro, und wir haben im Einzelhandel einen Tarif von 12,18 Euro, und der soll für Amazon bezahlt werden. Konkret bedeutet das je nach Schicht einen Verlust bis zu 9.000 Euro pro Jahr, die ein Amazon-Beschäftigter zu Beginn seiner Tätigkeit weniger verdient als in einem anderen Versandhandelsunternehmen."

Zumal sich Amazon auch noch Weihnachts- und Urlaubsgeld spart und schlechtere Schichtzulagen zahlt. Aktienpakete und Boni gleichen das nicht aus, sind keine verlässlichen Einkünfte. Allerdings vergleicht sich Amazon auch gar nicht mit Versandhandelsfirmen wie Otto. Der Onlinehändler bezeichnet sich als Logistiker und orientiert sich am schlechter zahlenden Speditions- und Transportgewerbe. Ralf Kleber ist Chef von Amazon Deutschland mit Sitz in München. Er betont, dass sein Unternehmen in einem Jahrzehnt bundesweit 9.000 Arbeitsplätze geschaffen hat, ein Drittel davon allein in den vergangenen zwölf Monaten.

"Und dass wir dafür ordentliches Geld zahlen - mit unseren zehn Euro nach einem Jahr liegen wir am oberen Ende dessen, was in der Logistikbranche üblich ist."

Doch mit Löhnen auf dem Niveau von Spediteuren verzerrt Amazon nach Ansicht der Gewerkschaft den Wettbewerb. Als Kompromiss käme für Ver.di auch ein Haustarifvertrag in Frage, so Verhandlungsführer Schiederig:

"Grundsätzlich ja, aber wir schließen auch für die Branche des Einzel- und Versandhandels Unternehmens- oder Haustarifverträge ab, die aber immer das Niveau der Fläche haben sollen, denn es ist nicht nachvollziehbar, warum Amazon einen Wettbewerbsvorteil dadurch erlangen soll, dass sie sich nicht an Tarifverträge halten. Andere Handels- und Versandhandelsunternehmen wenden diese Tarifverträge an."

Amazon jedoch ließ sich bislang von keinem Kompromissangebot ködern – das Unternehmen bleibt hart – die Zeichen stehen auf Streik.

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