Alexander García Düttmann: "Lob der Jugend"
Diaphanes Verlag, Zürich 2021
190 Seiten, 18 Euro
Bitte ein wenig negativer
08:35 Minuten

Eigentlich müsse man die Jugend loben, findet der Philosoph Alexander García Düttmann: Sie sei vernünftig und konstruktiv geworden. Damit habe sie aber auch ihre anarchistische Kraft verloren – also gerade das, was die Jugend als Jugend auszeichnet.
Vor Corona hatte die Jugend das Privileg des endlosen Feierns. Damit hat sie sich überfordert und gerade das ist es auch, was die Jugend zur Jugend macht, sagt der Philosoph Alexander García Düttmann. Vor Kurzem ist sein Buch "Lob der Jugend" erschienen.
Anarchistische Kraft
Was genau versteht er darunter, wenn er von der Überforderung der Jugend spricht? Sie überfordert sich, "weil sie immer mehr will, als man ihr geben kann oder als man bereit ist, ihr zu geben", erläutert Düttmann seine Definition von Jugend. "Sie überfordert alle und jeden, ohne dass man da einen Unterschied machen darf."
Die Überforderung sei ein Über-die-Grenzen-gehen, deswegen könne Jugend auch nicht an einem bestimmten Alter oder Lebensabschnitt festgemacht werden. Das Jugendliche sei vielmehr "eine anarchistische Kraft, die Grenzen überquert und immer dort zu finden ist, wo man sie am wenigsten vermutet und nicht sofort als Jugend wiedererkennt".
Die Negativität fehlt
Trotz der Coronamaßnahmen blieb die Jugend in den vergangenen anderthalb Jahren zumeist ruhig. Proteste gab es kaum. Zwar müsse man die Jugend loben, betont Düttmann. Doch haben sich die Jugendlichen mit den Eltern verbündet. Man freue sich sogar drüber, dass die Eltern das Wort an die Jugend richteten.

Eine Kraft für Veränderung, so Düttmann, der sich selbst zur Jugend zählt, könnte vielleicht ein Bündnis zwischen Alten und Jugendlichen sein.© Deutschlandradio / Diaphanes
Hinzukomme, dass es die Jugend heutzutage gut meine. Ihr gehe es in ihrer Kritik nicht mehr um das darin enthaltene Element der Negativität, vielmehr sei "vom konstruktiv Positiven" die Rede, so Düttmann.
Als Greta tatsächlich zur Jugendlichen wurde
Daher sei ihm Greta Thunberg sympathisch geworden, als sie im September 2019 bei den Vereinten Nationen in New York nicht mehr "sachlich und sanft" gesprochen habe, "sondern plötzlich die Welt und die Mächtigen" anklagte. "Das war der Augenblick, wo Greta Thunberg für mich zur Jugendlichen wurde."
Eine Kraft für Veränderung, so Düttmann, der sich selbst zur Jugend zählt, könnte vielleicht ein Bündnis zwischen Alten und Jugendlichen sein. Dann wäre auch die Aussicht auf die kommende Bundestagswahl keine trübe, die wohl von Rentnern bestimmt wird.
(rzr)