Albert-Speer-Ausstellung in Nürnberg

Den Mythos vom "guten Nazi" zerlegen

Projektionen historischer Dokumente sind am 25.04.2017 in Nürnberg während der Ausstellung "Albert Speer in der Bundesrepublik. Vom Umgang mit deutscher Vergangenheit" im Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände zu sehen. Anhand historischer Dokumente will die Schau belegen, dass Speer mitnichten ein unpolitischer Technokrat war, der von den Gräueltaten der Nationalsozialisten nichts gewusst hatte.
Projektionen historischer Dokumente in der Ausstellung "Albert Speer in der Bundesrepublik" im Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände © picture alliance / dpa / Daniel Karmann
Von Michael Watzke · 27.04.2017
Er hat seine Nazi-Vergangenheit konsequent beschönigt: Hitlers Architekt und Rüstungsminister war für viele Deutsche nach dem Zweiten Weltkrieg eine Identifikationsfigur. Die Ausstellung "Albert Speer in der Bundesrepublik" nimmt diesen Mythos nun auseinander.
Albert Speer: "Wertvolle Menschen lassen sich nicht zur Verzweiflung treiben. Ein Volk, das an seine Zukunft glaubt, wird nicht untergehen. Gott schütze Deutschland und die abendländische Kultur."
Das ist das Schlusswort des verurteilten Kriegsverbrechers Albert Speer bei den Nürnberger Prozessen 1946. Es ist ein Teil des "Lebenstonbandes" von Speer, wie es Ausstellungs-Kurator Alexander Schmidt nennt:
"Es wirkt dann, wenn man viel davon hört, als würde er fast wie eine Maschine den Zeitzeugen abspulen. Und es sind fast wortgleich dieselben Formulierungen, die er immer wieder bringt, beispielsweise: 'Ich hätte wissen können, wenn ich hätte wissen wollen.'"

Explizite Lügen, Auschwitz nie gehört

Albert Speer. Hitlers Architekt, Rüstungsminister und für viele Deutsche nach dem Zweiten Weltkrieg der "gute Nazi". Der reumütige Zeitzeuge, der von den Konzentrationslagern und dem Judenmord nichts gewusst hatte.
Martina Christmeier: "Er log auf Nachfragen explizit. Auschwitz hat er nie gehört, obwohl dann Dokumente, die Sie auch in der Ausstellung sehen, das Gegenteil belegen."
Ausstellungskuratorin Martina Christmeier hat im Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände in Nürnberg eine Fälscher-Werkstatt erschaffen: Um zu zeigen, wie es Albert Speer gelang, seine Nazi-Vergangenheit zu beschönigen. Jahrzehntelang, bis zu seinem Tod 1981.

Dankbare Legende für viele

In der Speer-Ausstellung in Nürnberg stehen neun Schreibtische. Jedes Pult befasst sich mit einer anderen Lügenlegende, die Speer in seinen Büchern mit Millionenauflage in die Welt setzte. Warum hinterfragten so wenige Deutsche Albert Speers Legende?
Für viele Zeitgenossen Albert Speers in der bundesrepublikanischen Nachkriegsgeschichte bot das Lebenstonband des Hitler-Vertrauten die Chance, seine eigene Verantwortung zu relativieren. Wenn schon der Rüstungsminister der Nazis nichts vom Judenmord wusste, dann musste das auf fast alle Deutschen zutreffen. (hum)

Die Ausstellung "Albert Speer in der Bundesrepublik. Vom Umgang mit deutscher Vergangenheit" ist vom 28. April bis 26. November 2017 im Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände in Nürnberg zu sehen.

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