Alan Moore: "Design"

Design ist eine Frage der Geisteshaltung

Cover von Alan Moores Buch "Design: Warum das Schöne wichtig ist". Im Hintergrund ist eine schlichte Lampe von HOP Design zu sehen.
Cover von Alan Moores Buch "Design: Warum das Schöne wichtig ist". Im Hintergrund ist eine schlichte Lampe von HOP Design zu sehen. © Tempo Verlag / Unsplash / Konrad Hulak
Von Eva Hepper · 21.11.2018
Schönheit sei nicht nur ein Luxus, sondern ein elementares menschliches Bedürfnis, schreibt Alan Moore. Jeder Mensch trage die Fähigkeit in sich, sie zu erkennen. Verraten wird auch, was die Kardinaltugenden guter Designer sind − zur Nachahmung empfohlen.
Niemand hätte geglaubt, dass dieses Geschäftsmodell funktioniert: aus alten, schrottreifen Motorrädern in schier endloser Arbeitszeit neue, handgefertigte Unikate zu schaffen. Selbst die Initiatoren Fred Jourden und Hugo Jezegabel waren unsicher, denn von Mechanik hatten die leidenschaftlichen Biker keine Ahnung. Gewagt haben sie es dennoch, und acht Jahre nach der Gründung läuft ihr Business im wahrsten Sinne des Wortes wie geschmiert.
Die Geschichte von "Blitz Motorcycles" ist eine von vielen, die Alan Moore in seinem neuen Buch über Design und Schönheit erzählt. Denn – so die These des weltweit gefragten Gestalters – was gutes Design ist, und wie Kreativität funktioniert, lässt sich vor allem durch Beispiele illustrieren.
Doch Achtung! Alan Moore versteht seine schmale und doch gewichtige Fibel nicht als typischen Design-Ratgeber, der Handreichungen von der Ideenfindung bis zur Umsetzung eines Produktes liefert. Der Berater von Firmen wie Hewlett Packard, Microsoft und Coca-Cola denkt viel grundsätzlicher: Design wirkt sich auf alle Lebensbereiche aus, es hat das Potenzial, Gesellschaften zu prägen und zu verändern, und ist weniger eine Frage der Technik als eine der Geisteshaltung.

Die Kardinaltugenden der Designer

Dieser Begriff ist zentral für Alan Moore, tatsächlich widmet er ihm das längste der insgesamt acht Kapitel. Hier werden Kardinaltugenden (nicht nur) für Designerinnen und Designer definiert; darunter Geduld, Beharrlichkeit, Aufmerksamkeit, Leidenschaft, Hingabe, Experimentierfreude, Offenheit und vor allem Neugier und Wagemut. Als Kronzeugen zitiert der Autor diverse "Kreative" wie Galileo Galilei, Charles Darwin, Steve Jobs, die Macher von Pixar-Filmen oder die Tüftler der "Blitz Motorcycles". Letztere hätten solange aus ihren Fehlern gelernt, bis sie zu Meistern ihres Handwerks wurden.
So lehrreich diese Beispiele sind, ganz ohne Praxistipps lässt Moore seine Leserinnen und Leser dann doch nicht. So bilden 14 "Übungen und Praktiken für die Erschaffung bleibender Schönheit" den Mittelteil des Buches. Sie reichen vom Sehen-Lernen ("Übersieh nicht das Einfache") über das Schärfen aller Sinne und die Intuition bis hin zum richtigen "Abgucken" ("Warum ist xy so erfolgreich?").
Was aber ist nun gutes Design oder Schönheit genau? Hier verweist Moore erneut auf Beispiele, denn das Schöne zeige sich unmittelbar. Es offenbare sich genauso dem Astronauten beim Blick auf die Welt wie dem Handwerker beim rechten Gebrauch seines Werkzeugs oder dem Naturfreund beim Anlegen eines Gartens. Und wahrnehmen könne das Schöne jeder, denn der Mensch sei von Natur aus kreativ und habe ein instinktives Wissen um Proportionen und Harmonie.

Das Schöne als Notwendigkeit

Das ist der eigentliche Clou des Buches. Schönheit und die Fähigkeit, sie zu erkennen, sind für Alan Moore tatsächlich grundlegend. Und so versteht der Gestalter gutes Design und damit das Schöne auch nicht als Luxus oder bloße Dekoration, sondern als Notwendigkeit und elementares menschliches Bedürfnis. Ein inspirierendes Buch!

Alan Moore: "Design: Warum das Schöne wichtig ist"
Aus dem Englischen von Cornelius Reiber
Tempo Verlag, Hamburg 2018, 128 Seiten, 12 Euro

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