Von der Uni ins sächsische Parlament

Mit der sächsischen Landtagswahl 2019 ist auch die Grünenpolitikerin Lucie Hammecke ins Parlament eingezogen. Als jüngste Abgeordnete erlebt sie immer wieder blöde Situationen, erfreut sich aber auch an politischen Erfolgen.
"MDL, nicht Ihre Praktikantin …"
… steht auf einem T-Shirt von Lucie Hammecke, das sie von der Grünen Jugend geschenkt bekommen hat.
"´Du bist Abgeordnete, äh, Sie sind Abgeordnete...?` Und dann werde ich sofort immer gesiezt…"
…hört sie öfter von Gleichaltrigen, die sie kennenlernt.
"Klar hat man das Bild des klassischen Politikers im Kopf, der alt und weiß ist und einen Anzug trägt, aber Politik kann auch anders aussehen."
Ich begleite Lucie Hammecke, jüngste Abgeordnete des sächsischen Landtags, durch das riesige Gebäude ihres Arbeitsplatzes.
"Haben Sie sich hier am Anfang verirrt?"
"Mehr als einmal tatsächlich. Gerade auf den höheren Etagen bin ich manchmal zweimal im Kreis gelaufen, bevor ich wusste, wie ich wieder runterkomme."
Das Laufen durch viele Flure endet in einem der Fraktionssäle. Ich will wissen, wie sehr ihr Jungsein hier auffällt.
"Einerseits bin ich natürlich Teil der Bündnis-Grünen-Fraktion, eine von zwölf Abgeordneten, und hier merkt man das tatsächlich nicht. Ich bin Fachabgeordnete, ich hab meine Handvoll Themen, wie ich immer sage: Gleichstellung, Justizvollzug, Tierschutz, Petition und Europa. Und innerhalb der Fraktion arbeiten wir sehr vertrauensvoll. Das heißt, hier merke ich, dass ich jung bin nicht wirklich. Vielleicht bin ich erfahrener damit, bestimmte Social-Media-Kanäle zu bedienen, aber in der Zusammenarbeit macht das keinen Unterschied."
… steht auf einem T-Shirt von Lucie Hammecke, das sie von der Grünen Jugend geschenkt bekommen hat.
"´Du bist Abgeordnete, äh, Sie sind Abgeordnete...?` Und dann werde ich sofort immer gesiezt…"
…hört sie öfter von Gleichaltrigen, die sie kennenlernt.
"Klar hat man das Bild des klassischen Politikers im Kopf, der alt und weiß ist und einen Anzug trägt, aber Politik kann auch anders aussehen."
Ich begleite Lucie Hammecke, jüngste Abgeordnete des sächsischen Landtags, durch das riesige Gebäude ihres Arbeitsplatzes.
"Haben Sie sich hier am Anfang verirrt?"
"Mehr als einmal tatsächlich. Gerade auf den höheren Etagen bin ich manchmal zweimal im Kreis gelaufen, bevor ich wusste, wie ich wieder runterkomme."
Das Laufen durch viele Flure endet in einem der Fraktionssäle. Ich will wissen, wie sehr ihr Jungsein hier auffällt.
"Einerseits bin ich natürlich Teil der Bündnis-Grünen-Fraktion, eine von zwölf Abgeordneten, und hier merkt man das tatsächlich nicht. Ich bin Fachabgeordnete, ich hab meine Handvoll Themen, wie ich immer sage: Gleichstellung, Justizvollzug, Tierschutz, Petition und Europa. Und innerhalb der Fraktion arbeiten wir sehr vertrauensvoll. Das heißt, hier merke ich, dass ich jung bin nicht wirklich. Vielleicht bin ich erfahrener damit, bestimmte Social-Media-Kanäle zu bedienen, aber in der Zusammenarbeit macht das keinen Unterschied."
Im Parlament dagegen mache das sehr wohl einen Unterschied.
"Ich wurde auch schon gefragt, ob ich die Praktikantin sei, all diese typischen Sachen, die man auch von anderen jungen Abgeordneten hört. Ich glaube, wahrscheinlich hat das Situationskomik in den meisten Momenten. Zum Beispiel am Anfang der Legislatur waren wir unten mit einem anderen Abgeordneten, der nicht so viel älter ist als ich. Und dann wollte der Mitarbeiter den Emailaccount von meinem Kollegen auch auf mein Handy installieren, weil er dachte, ich sei seine Mitarbeiterin. So was passiert mir natürlich immer wieder. Man läuft ja auch nicht mit einem Zettel rum, wo draufsteht: Übrigens ich bin Abgeordnete."
"Ich wurde auch schon gefragt, ob ich die Praktikantin sei, all diese typischen Sachen, die man auch von anderen jungen Abgeordneten hört. Ich glaube, wahrscheinlich hat das Situationskomik in den meisten Momenten. Zum Beispiel am Anfang der Legislatur waren wir unten mit einem anderen Abgeordneten, der nicht so viel älter ist als ich. Und dann wollte der Mitarbeiter den Emailaccount von meinem Kollegen auch auf mein Handy installieren, weil er dachte, ich sei seine Mitarbeiterin. So was passiert mir natürlich immer wieder. Man läuft ja auch nicht mit einem Zettel rum, wo draufsteht: Übrigens ich bin Abgeordnete."
Ankämpfen gegen Vorurteile
"Gibt es so Sachen, wo Sie an Ihre Grenzen stoßen?"
"Es sind längere Wege, bis man ernst genommen wird. Gerade auch hier im Parlament habe ich den Eindruck, dass man, gerade als junge Frau, viel, viel besser vorbereitet sein muss, viel besser performen muss, in jedem Augenblick, um die gleiche Achtung zu bekommen, während sie jemand anderem direkt vom ersten Tag an zugestanden wird. Es ist offensichtlich, dass eine 65-jährige Frau oder ein 59-jähriger Mann mehr Lebenserfahrung hat als ich, aber wir haben eben unterschiedliche Lebenserfahrungen. Wir wurden komplett unterschiedlich sozialisiert, teilweise ja noch in ganz unterschiedlichen politischen Systemen. Und deswegen würde ich sagen, dass unser parlamentarisches System davon lebt, dass eine Vielfalt von Lebenserfahrungen eingebracht wird."
Während des Interviews zeigt mir Lucie Hammecke auch ihr Büro.
"Hier sind Grünen-Büros, da hinten fängt die SPD an ..."
Wir halten auf einem Flur im hellen Neubau des sächsischen Landtags.
"Mein Büro, mit noch meinem Mittagessen …"
Ihr fällt ein, dass sie vermutlich vergessen hat, ihren Eltern ihr Büro zu zeigen.
"Was sagen eigentlich die Eltern dazu? Das Kind plötzlich im Landtag."
"Meine Eltern finden das, glaub ich, klasse. Ich glaube, das war für die unvorstellbar. Das ist ja nicht so die klassische erste Arbeitsstätte, die man sich vorstellt als Vollzeitjob. Die sind immer genau darüber informiert, wann ich was auf Social Media poste, um dann auch zu wissen: Okay, sie lebt noch, auch wenn sie sich grad nicht meldet."
"Es sind längere Wege, bis man ernst genommen wird. Gerade auch hier im Parlament habe ich den Eindruck, dass man, gerade als junge Frau, viel, viel besser vorbereitet sein muss, viel besser performen muss, in jedem Augenblick, um die gleiche Achtung zu bekommen, während sie jemand anderem direkt vom ersten Tag an zugestanden wird. Es ist offensichtlich, dass eine 65-jährige Frau oder ein 59-jähriger Mann mehr Lebenserfahrung hat als ich, aber wir haben eben unterschiedliche Lebenserfahrungen. Wir wurden komplett unterschiedlich sozialisiert, teilweise ja noch in ganz unterschiedlichen politischen Systemen. Und deswegen würde ich sagen, dass unser parlamentarisches System davon lebt, dass eine Vielfalt von Lebenserfahrungen eingebracht wird."
Während des Interviews zeigt mir Lucie Hammecke auch ihr Büro.
"Hier sind Grünen-Büros, da hinten fängt die SPD an ..."
Wir halten auf einem Flur im hellen Neubau des sächsischen Landtags.
"Mein Büro, mit noch meinem Mittagessen …"
Ihr fällt ein, dass sie vermutlich vergessen hat, ihren Eltern ihr Büro zu zeigen.
"Was sagen eigentlich die Eltern dazu? Das Kind plötzlich im Landtag."
"Meine Eltern finden das, glaub ich, klasse. Ich glaube, das war für die unvorstellbar. Das ist ja nicht so die klassische erste Arbeitsstätte, die man sich vorstellt als Vollzeitjob. Die sind immer genau darüber informiert, wann ich was auf Social Media poste, um dann auch zu wissen: Okay, sie lebt noch, auch wenn sie sich grad nicht meldet."
Halt bei der Familie
Sie habe schon als Kind und Jugendliche gerne debattiert mit ihren Eltern. Das würde auch heute noch innerhalb der Familie Spaß machen. Bei ihrer Familie findet die junge Politikerin außerdem Halt, wenn´s in der Politik zu stressig wird.
"Dass nicht immer alles klappt, wie man das sich wünscht und dass man in einer Koalition mit drei verschiedenen Partnern, natürlich auch drei verschiedene Partner hat, mit drei verschiedenen Meinungen, da gibt es auch ganz frustrierende Situationen. Ich ruf dann in solchen Fällen gerne mal meine Eltern an, um meinen Frust loszuwerden. Es ist wirklich auch ein anstrengender Alltag, weil der natürlich nicht nur geprägt ist von Büroalltag und den Sitzungen, sondern ja noch mal ganz viel hinten draufkommt."
Während viele ihrer Freunde noch zur Uni gehen.
"Ich habe ja meinen Bachelor abgeschlossen, bevor ich in den Landtag gekommen bin, während viele meiner Freundinnen weiter studiert haben."
Lucie Hammeckes Arbeitsalltag ist der einer Politikerin. Zum Feierabend ist aber auch sie wieder einfach eine 24-Jährige.
In meiner Freizeit treffen wir uns momentan online auch sehr viel zum Beispiel zum Video spielen. Manchmal auch einfach zum Online-Zusammenschalten und mal quatschen, wie die Woche so war. Tatsächlich fand ich jetzt besonders spannend zu diskutieren, wie ist eigentlich die Situation für Studierende während Corona. Natürlich weiß ich noch, wie es als Studi war, in Hörsäle zu gehen und in der Mensa zu essen. Und das sind alles Erfahrungen, die jetzt komplett wegfallen, weil man die ganze Zeit in seinem Zimmer hockt und auf diesen Bildschirm starrt. Das war für mich noch mal total wichtig zu hören, wie krass es das Leben beeinflusst und beschneidet."
"Dass nicht immer alles klappt, wie man das sich wünscht und dass man in einer Koalition mit drei verschiedenen Partnern, natürlich auch drei verschiedene Partner hat, mit drei verschiedenen Meinungen, da gibt es auch ganz frustrierende Situationen. Ich ruf dann in solchen Fällen gerne mal meine Eltern an, um meinen Frust loszuwerden. Es ist wirklich auch ein anstrengender Alltag, weil der natürlich nicht nur geprägt ist von Büroalltag und den Sitzungen, sondern ja noch mal ganz viel hinten draufkommt."
Während viele ihrer Freunde noch zur Uni gehen.
"Ich habe ja meinen Bachelor abgeschlossen, bevor ich in den Landtag gekommen bin, während viele meiner Freundinnen weiter studiert haben."
Lucie Hammeckes Arbeitsalltag ist der einer Politikerin. Zum Feierabend ist aber auch sie wieder einfach eine 24-Jährige.
In meiner Freizeit treffen wir uns momentan online auch sehr viel zum Beispiel zum Video spielen. Manchmal auch einfach zum Online-Zusammenschalten und mal quatschen, wie die Woche so war. Tatsächlich fand ich jetzt besonders spannend zu diskutieren, wie ist eigentlich die Situation für Studierende während Corona. Natürlich weiß ich noch, wie es als Studi war, in Hörsäle zu gehen und in der Mensa zu essen. Und das sind alles Erfahrungen, die jetzt komplett wegfallen, weil man die ganze Zeit in seinem Zimmer hockt und auf diesen Bildschirm starrt. Das war für mich noch mal total wichtig zu hören, wie krass es das Leben beeinflusst und beschneidet."
"Eins meiner Herzensthemen ist die Gleichstellung"
Erfahrungen, die aktuell in ihre politische Arbeit mit einfließen. Ich will von ihr wissen, was außerdem ihr Vorteil als junge Abgeordnete ist.
"Ich finde alle Gespräche mit anderen jungen Menschen total spannend. Und ich habe auch den Eindruck, dass man irgendwie ansprechbarer ist, und Politik wird dann irgendwie greifbarer. Weil man sich auch traut, die Fragen zu stellen, die man vielleicht nicht jedem andern Abgeordneten gestellt hätte. Ich habe auch den Eindruck, dass man noch mal über ganz andere Dinge nachdenkt. Zum Beispiel hatte ich ein Bewerbungsgespräch mit einer Schülerpraktikantin, und die Schlussfrage war: Was ist eigentlich das Beste am Abgeordnetensein? Und da habe ich nie drüber nachgedacht."
"Was ist eigentlich das Beste am Abgeordnetensein?"
"Ich finde, das Beste am Abgeordnetensein ist wirklich der Moment, wo man denkt: Okay, jetzt wird sich wirklich was ändern. Eins meiner Herzensthemen ist ja die Gleichstellung und der Gewaltschutz und dass wir jetzt gemeinsam in der Koalition Anfang Oktober in der Plenarsitzung einen Ausbau der Frauenhaus-Infrastruktur beschlossen haben. Und ich wusste: Wow, das verändert wirklich ganz konkret was für die Betroffenen hier in Sachsen."
"Was würden Sie anderen jungen Politik interessierten Menschen empfehlen?"
"Ich glaube, was ganz wichtig ist, ist, dass man ein breiteres Verständnis von Politik gewinnt. Gerade der Gemeinschaftsunterricht ist extrem auf das Konstitutionelle konzentriert. Und während das superwichtige Dinge sind, ist Politik so viel mehr. Auch dadurch, dass man sich mit so vielen Initiativen und Verbänden trifft, die ja auch alle Politik machen, ohne dass sie parlamentarisch Politik machen."
"Wie lange wollen Sie das noch machen? Ich weiß, Sie haben grad erst angefangen."
"Für mich ist klar, dass ich das nicht 30, 40 Jahre machen möchte. Ich glaube, Politik lebt auch immer von frischen Perspektiven. Ich freu mich jetzt erst mal auf die nächsten dreieinhalb Jahre Legislatur in Sachsen, und dann gucken wir weiter."
"Ich finde alle Gespräche mit anderen jungen Menschen total spannend. Und ich habe auch den Eindruck, dass man irgendwie ansprechbarer ist, und Politik wird dann irgendwie greifbarer. Weil man sich auch traut, die Fragen zu stellen, die man vielleicht nicht jedem andern Abgeordneten gestellt hätte. Ich habe auch den Eindruck, dass man noch mal über ganz andere Dinge nachdenkt. Zum Beispiel hatte ich ein Bewerbungsgespräch mit einer Schülerpraktikantin, und die Schlussfrage war: Was ist eigentlich das Beste am Abgeordnetensein? Und da habe ich nie drüber nachgedacht."
"Was ist eigentlich das Beste am Abgeordnetensein?"
"Ich finde, das Beste am Abgeordnetensein ist wirklich der Moment, wo man denkt: Okay, jetzt wird sich wirklich was ändern. Eins meiner Herzensthemen ist ja die Gleichstellung und der Gewaltschutz und dass wir jetzt gemeinsam in der Koalition Anfang Oktober in der Plenarsitzung einen Ausbau der Frauenhaus-Infrastruktur beschlossen haben. Und ich wusste: Wow, das verändert wirklich ganz konkret was für die Betroffenen hier in Sachsen."
"Was würden Sie anderen jungen Politik interessierten Menschen empfehlen?"
"Ich glaube, was ganz wichtig ist, ist, dass man ein breiteres Verständnis von Politik gewinnt. Gerade der Gemeinschaftsunterricht ist extrem auf das Konstitutionelle konzentriert. Und während das superwichtige Dinge sind, ist Politik so viel mehr. Auch dadurch, dass man sich mit so vielen Initiativen und Verbänden trifft, die ja auch alle Politik machen, ohne dass sie parlamentarisch Politik machen."
"Wie lange wollen Sie das noch machen? Ich weiß, Sie haben grad erst angefangen."
"Für mich ist klar, dass ich das nicht 30, 40 Jahre machen möchte. Ich glaube, Politik lebt auch immer von frischen Perspektiven. Ich freu mich jetzt erst mal auf die nächsten dreieinhalb Jahre Legislatur in Sachsen, und dann gucken wir weiter."