40. Todestag von John Lennon

Ein ganzer Tag mit John

05:35 Minuten
Farbfoto von John Lennon mit Brille mit gelben Gläsern.
John Lennon: Frances Schoenbergers Interview mit ihm beginnt im Hotelzimmer. Dann geht es aufs Land und zum Schluss in ein Restaurant. © Getty Images / Corbis Historical / Penny Tweedie
Von Kerstin Zilm · 08.12.2020
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1975 führt Frances Schoenberger ein Interview mit John Lennon. Fünf Jahre später wurde der Musiker ermordet. Das Interview von damals hört die Reporterin jetzt erstmals wieder an - und erinnert sich an eine intensive Begegnung.
Frances Schoenberger ist nervös. Sie hofft, dass das, was sie gleich hören wird, ihre Erinnerungen nicht kaputt macht.
Am 28. März 1975 war sie 29 Jahre alt und als Reporterin für die "Bravo" in den USA. Einen Star wollte sie damals ganz besonders treffen: John Lennon. An diesem Tag konnte sie ihn interviewen.
Das Interview hat Frances nie wieder angehört. Bis jetzt.
Sie drückt auf "Play", das Band startet.
John Lennon fragt, ob Frances weiß, was sie fragen will. Er hat keine Lust, nur zu schwafeln. Na klar hat Frances Fragen! Zum Beispiel: Wie schreibt ein Beatle seine Songs?
John Lennon erzählt, dass er Inspirationen auf Papierschnipseln in einem Haufen sammelt, sich irgendwann an die Schreibmaschine setzt und den Text bis kurz vor der Aufnahme ändert.

Mit John Lennon allein im Hotelzimmer

Als Frances Schoenberger John Lennon 1975 in New York interviewt, gibt es die Beatles schon nicht mehr. Lennon ist gerade zurück nach chaotischen Monaten in Los Angeles und nach kurzer Trennung wieder mit Yoko Ono zusammen.
Für das Interview kommt John Lennon zu Frances ins Hotel.
"Er kam ganz alleine, ohne Entourage, ohne Sicherheitstypen, ohne Publicity-Typen."
Die Journalistin ist platt.
"Für mich war das schon ein Big Deal. Wow! John Lennon, Beatle, kommt zu mir aufs Hotelzimmer! Ich bin mit ihm alleine! Da bleibt einem schon die Luft weg."
Sie fasst sich schnell wieder.
"Ich habe so getan, als ob ich ganz locker wäre. Es war so, dass John Lennon mich schnell vergessen hat lassen, dass er John Lennon ist. Es war einfach ein toller, witziger Typ."

Raus aufs Land

Im Auto des Fotografen Bob Grün fahren sie raus aufs Land:
"Ich saß mit John Lennon auf dem Hintersitz, und das war wunderbar, die Intimität in dem vergammelten Auto, nur er und ich. Und ich erinnere mich auch, dass er immer mein Tonband gecheckt hat."
Frances fragt John Lennon aus über sein Leben in New York, über seine Beziehung mit Yoko Ono und Sohn Julian, über Drogen, seine Zeit in Los Angeles.
45 Jahre später hört sich das alles für sie an, als würde sie einer anderen Person zuhören.
"Die klingt anders als heutzutage, denke ich. Die klingt irgendwie mehr mädchenhaft. Das überrascht mich."
Sie drückt wieder auf "Play" und lässt das Band laufen bis zur Frage, ob John Lennon sich wohlfühlt in New York, im Dakota-Building am Central Park.
Lennon sagt: Ja, es sei sicher dort. Niemand könne einfach reinspazieren und sich komisch benehmen.
Doch am Hintereingang von diesem Gebäude wird er am 8. Dezember 1980 von einem ehemaligen Superfan erschossen. Genau da, wo sich Frances fünf Jahre zuvor von ihm verabschiedet hat.
"Das hat mich schon getroffen, weil ich mich erinnert habe, wo Bob und ich ihn abgesetzt haben, und genau da hat der verrückte Typ auf ihn gewartet."

Gespräche über die Urschrei-Therapie und Sex

Bevor sie Lennon absetzten, waren sie noch in einem Diner. Inzwischen ganz vertraut miteinander, sprechen sie über Diäten, die Urschrei-Therapie und Sex.
Nach einer guten Stunde bestellt John Lennon die Rechnung.
Das Tonband ist zu Ende. Frances Schönberger bereut nicht, es noch mal angehört zu haben.
"Was ich für ein Glück hatte, beinahe einen ganzen Tag mit John Lennon allein zu sein, wo er so offen war, und gut drauf war. So normal und so ehrlich."
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