30 Jahre nach dem Pogrom in Hoyerswerda

Betroffene fordern Gerechtigkeit - und ihren damaligen Lohn

06:06 Minuten
Ein Hochhaus, in dem ein Fenster eingeschlagen ist.
Nach den Angriffen in Hoyerswerda: Der Schock saß tief. © imago stock / Detlev Konnerth
Von Alexander Moritz · 17.09.2021
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Vor 30 Jahren griffen Neonazis in Hoyerswerda ein Wohnheim von DDR-Vertragsarbeitern an – die Nachbarn jubelten. Es folgte ein mehrtägiges Pogrom. Zum Gedenken an die Ausschreitungen lädt die Stadt nun erstmals Betroffene ein.
Zehn Jahre lang lebte David Macou als Vertragsarbeiter aus Mosambik in Hoyerswerda. Mit Anfang 20 war er in die sächsische Stadt gekommen, um hier zu arbeiten – bis zu zwölf Stunden im Braunkohlebergbau. Er war Gruppenleiter der mosambikanischen Gastarbeiter in Hoyerswerda.
Doch dann kam der 18. September 1991. Unter dem Jubel von Nachbarn begannen Neonazis damit, ein Wohnheim von Vertragsarbeitern aus Vietnam und Mosambik anzugreifen. Dorthin waren vietnamesische Händler geflüchtet, nachdem sie am Tag zuvor auf dem Marktplatz von Hoyerswerda angegriffen worden waren. Dies wuchs sich zu einem mehrtägigen Pogrom aus – auch ein Wohnheim für Asylbewerber wurde angegriffen.
Schreckliche Bilder, nicht für möglich gehaltene Szenen, die sich tief eingeprägt haben: 30 Jahre ist das jetzt her.
Mit einem Gedenkwochenende erinnert die Stadt Hoyerswerda an das Geschehene. Ehemalige Vertragsarbeiter wie David Macou sind dafür in die Stadt zurückgekehrt. Zum ersten Mal bekommen die Opfer von damals eine Bühne und werden gehört.

Ein vergessenes Kapitel DDR-Geschichte

Bis heute kann Macou sich nicht erklären, wie seine damaligen Nachbarn und Arbeitskollegen ihn auf diese grausame Art und Weise aus der Stadt vertreiben konnten, erzählt er nun auf einem Podium in der Lausitz-Halle in Hoyerswerda.
Aber auch was er noch zu sagen hat, irritiert: Seit 30 Jahren kämpft er dafür, dass die mosambikanischen Arbeiter endlich ihren Lohn von damals bekommen. 60 Prozent davon wurden nämlich einbehalten, um Schulden des Staates Mosambik gegenüber der DDR zu tilgen.
Eine Diskussionsteilnehmerin hat dafür nur ein Wort übrig: "Sklavenverträge".
Quasi 30 Jahre lang hat sich niemand für diesen Teil der DDR-Geschichte interessiert, sagt Macou. Mit der Gedenkveranstaltung verbindet er daher eine erste Hoffnung, dass sich das nun allmählich ändern könnte.
(ckr)
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