Brendan Simms: "Der längste Nachmittag. 400 Deutsche, Napoleon und die Entscheidung von Waterloo"
C.H. Beck. München 2015
191 Seiten, 18,95 Euro
Neue Bücher über Napoleons letzte Schlacht
Sie war blutig, dauerte drei Tage und besiegelte Napoleons Ende auf der Insel Sankt Helena, wo er bis zu seinem Tod in der Verbannung lebte. Waterloo, die entscheidende Schlacht der europäischen Befreiungskriege, widmen sich jetzt zum Jubiläum mehrere Bücher.
Dieser tote Kaiser, schrieb der noble Schöngeist Francois-René Vicomte de Chateaubriand, drohe ein "phantastischer Held" zu werden, zunächst hätten sich die Franzosen dem Gewaltfuror seiner Person unterworfen, nun aber mit noch größerem Eifer dem "Despotismus seiner Erinnerungen". Chateaubriand wörtlich: "Die Welt gehört Bonaparte. Das, was der Zerstörer nicht mehr erobern konnte, vereinnahmt sein Renommee. Lebend hat er die Welt nicht erworben, tot besitzt er sie. Bonaparte ist nicht mehr der wahre Bonaparte, er ist eine legendäre Gestalt, zusammengesetzt aus den Phantasien der Dichter, den Erinnerungen der Soldaten und den Erzählungen des Volkes." Für Chateaubriand war unabweisbar, dass der postmortale Despotismus Bonapartes politisch noch gefährlicher werden könnte als der zu seinen Lebzeiten, denn auf seinem Thron habe man den Usurpator noch angreifen können, nun aber zeigten die Franzosen sich bereit, die Ketten freiwillig anzunehmen, "in die der Tote uns wirft. Er ist ein Hemmschuh für die künftigen Ereignisse".
Doch das hat die Mehrzahl der Bürger Frankreichs schon vor Napoleons Tod in der Verbannung auf Sankt Helena (1821) ganz anders empfunden, geradezu sehnsüchtig folgten sie der Botschaft, die der kaiserliche Legendenbildner in seinem berühmten ´Mémorial de Sainte-Hélène` an die Nachwelt weitergegeben hatte. Sein Ruhm machte den blutigen Despotismus innerhalb weniger Jahre nahezu vergessen, der Bonapartismus sollte bis weit in das 19. Jahrhundert hinein als Herrschaftsprogrammatik lebenskräftige Urständ feiern. Am 15. Dezember 1840 wurde Napoleons sterbliche Hülle mit pompösem Gepränge nach Paris in den Invalidendom überführt. Seinem politischen Genius war im Jahre 1815 ein letztes Mal die Mobilisierung eines Riesenheeres gegen die Allianz der auf dem Wiener Kongress versammelten Alliierten gelungen.
Doch das hat die Mehrzahl der Bürger Frankreichs schon vor Napoleons Tod in der Verbannung auf Sankt Helena (1821) ganz anders empfunden, geradezu sehnsüchtig folgten sie der Botschaft, die der kaiserliche Legendenbildner in seinem berühmten ´Mémorial de Sainte-Hélène` an die Nachwelt weitergegeben hatte. Sein Ruhm machte den blutigen Despotismus innerhalb weniger Jahre nahezu vergessen, der Bonapartismus sollte bis weit in das 19. Jahrhundert hinein als Herrschaftsprogrammatik lebenskräftige Urständ feiern. Am 15. Dezember 1840 wurde Napoleons sterbliche Hülle mit pompösem Gepränge nach Paris in den Invalidendom überführt. Seinem politischen Genius war im Jahre 1815 ein letztes Mal die Mobilisierung eines Riesenheeres gegen die Allianz der auf dem Wiener Kongress versammelten Alliierten gelungen.
Napoleons gigantischer Versuch einer Staatsschöpfung
Zur blutigen Schlacht von Waterloo, die ganze drei Tage dauerte und sich auf wenigen Quadratkilometern Boden, teilweise von Dorf zu Dorf, von Gehöft zu Gehöft abspielte, kam es am 18. Juni 1815. Diese weltberühmte Bataille hat den Sturz Napoleons erzwungen, und zugleich seine Wiederauferstehung zur überzeitlichen National- und Heilsikone befördert. Sie hat die Friedensordnung des Wiener Kongresses für einige Jahrzehnte sichern helfen, und doch europaweit den bonapartistischen Bazillus der Insurrektion und der Unzufriedenheit in die Welt gesetzt. Napoleons gigantischer Versuch einer Staatsschöpfung aus Modernität und neu-aristokratischer Restauration ist gründlich gescheitert, und auch zwei Jahrhunderte danach ist das Rätsel um diesen monströsen einzelnen erhalten bleibt.
Die jüngsten, durchweg verdienstvollen jüngeren Publikationen zum Thema Waterloo machen es sich nicht zur Aufgabe, das Mirakel Napoleon zu lösen. Vielmehr bieten besonders die Bücher von Volker Hunecke und Johannes Willms ein panoramatisches Bild der endenden Revolutionsära, und führen das Schlachtgeschehen am 17. und 18. Juni 1815 differenziert vor Augen. Klaus-Jürgen Bremm befasst sich zudem genauer mit der Frage der posthumen Mythisierung des heldenhaften französischen Kaisers. Einzigartig aber steht das Buch von Brendan Simms da. Der Autor breitet eindrucksvolles Zeitzeugen-Material aus, und dokumentiert erzählend und analytisch gleichermaßen den Wahnsinn einer Schlacht, die den Kontinent in eine ganz andere Zukunft hätte führen können.
Volker Hunecke: "Napoleons Rückkehr. Die letzten hundert Tage - Elba, Waterloo, St. Helena"
Klett-Cotta, Stuttgart 2015, 260 Seiten
21,95 Euro
Johannes Willms: "Waterloo. Napoleons letzte Schlacht"
C.H. Beck, München 2015
288 Seiten; Abb. und Karten, geb., 21,95 Euro
Klaus-Jürgen Bremm: "Die Schlacht. Waterloo 1815"
Theiss Verlag, Darmstadt 2015
256 Seiten, geb., Abb., 24,95 Euro