20 Jahre Wikipedia

Freier Zugang zum Weltwissen?

05:14 Minuten
Das Wikipedia-Logo auf einem iPhone-Display.
Das gesamte Wissen der Welt passt in eine Hosentasche - dank Wikipedia und Smartphones. © picture alliance / Zoonar | Marvin Samuel Tolentino-Pineda
Von Matthias Dell · 03.01.2021
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Zum 20. Geburtstag von Wikipedia zeigt Arte eine Dokumentation über die Internet-Enzyklopädie. Doch der Film bleibt im Ungefähren. Er funktioniert wie ein durchschnittlicher Wikipedia-Eintrag, findet unser Kritiker Matthias Dell.
"Die Wikipedia ist ein am 15. Januar 2001 gegründetes gemeinnütziges Projekt zur Erstellung einer freien Internet-Enzyklopädie in zahlreichen Sprachen mithilfe des sogenannten Wikiprinzips." So lautet der erste Satz des Eintrags in dem Internetlexikon über sich selbst.
Lorenza Castella und Jascha Hannover haben aus Anlass des 20. Geburtstags eine Dokumentation für Arte gedreht, die seit Sonntag online steht und am 5. Januar im linearen Programm ausgestrahlt wird: "Das Wikipedia-Versprechen – 20 Jahre Wissen für alle?".
Hinter dem Versprechen verbirgt sich die Utopie des frühen Internets, die in der Dokumentation als Mantra des Wikipedia-Mitgründers Jimmy Wales zusammengeschnitten ist: "Stell dir eine Welt vor, in der jeder Einzelne freien Zugang zu dem gesamten Wissen der Welt hat."


Dass es eine Utopie geblieben ist, relativiert der 50-minütige Film im Laufe der Zeit, wenn er etwa eine Karte zeigt mit erleuchteten Wikipedia-Aktivitäten – und dann strahlen vor allem Mitteleuropa und Amerika hell.
Oder wenn Katherine Maher, CEO der Wikimedia Foundation, am Ende die Pointe erzählt, dass Wikipedia anfangs als unseriös galt in der traditionellen Wissenschaft und sich nun mit den Vorwürfen herumschlägt, die der traditionellen Wissenschaft gemacht werden: Voreingenommenheit und Exklusivität.

Der Film hinterfragt Standards der Wissensproduktion

Die Diskussion darüber ist der stärkste Teil des Films: Wenn es etwa darum geht, wie westliche Standards der Wissensproduktion und -distribution in Teilen der Welt gelten sollen, die nicht westlich geprägt sind und stärker durch die mündliche Weitergabe von Wissen geprägt sind. Oder wieso Relevanz in Ghana davon abhängen soll, was US-amerikanische Publikationen abbilden.
Weil die Dokumentation aber nie darüber hinausgeht, grob abzubilden, was es an Debatte über 20 Jahre Wikipedia gibt, bleibt der Film im Ungefähren. Er funktioniert wie ein durchschnittlicher Wikipedia-Eintrag.
Ein anregender Beitrag zu den Fragen, wie objektiv Wissen sein kann, was Standards sind für Relevanz in einer globalen Perspektive oder welche Rolle die Wikipedia in der medialen Plattformökonomie spielen könnte, ist er nicht.

"Das Wikipedia-Versprechen – 20 Jahre Wissen für alle?" in der Arte-Mediathek.

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