20 Jahre eBay

Gebrauchte Handys oder Paris Hiltons Locken

eBay-Homepage von 1999
Bild aus den Anfangszeiten der Onlinehandel-Plattform eBay von 1999 - altes Handy inbegriffen. © picture alliance / dpa / Foto: Bernd Weissbrod
Von Laf Überland · 04.09.2015
Bei der ersten Versteigerung auf eBay konnte man einen defekten Laserpointer erwerben. Heute ist die Seite die weltweit größte Onlinehandel-Plattform für Käufer und Verkäufer. Und viele können sich die Online-Versteigerung nicht mehr wegdenken.
Natürlich war dieser Internet-Flohmarkt nichts für Flohmarkt-Flaneure, die das Gedrängel - im Hochsommer den leichten Schwindel und im Winter die eisigen Finger am Glühweinbecher - schätzen. Aber für Fummler, für Bastler und für Geldsparer war eBay eine Goldgrube. Und man sparte Unmengen unproduktiver (sprich: vergeudeter) Zeit bei eBay, wenn man zum Beispiel neue Lautsprecher für die HiFi-Anlage brauchte: Man gab dann einfach ein, sagen wir mal "B&O-Lautsprecher zwischen 200 und 300 Euro".

Und dann - als Zocker von Herzen - trug man kurz vor Ablauf sein definitives Allerallerhöchstgebot ein und klickte eiskalt vier Sekunden, bevor die Auktion endete, den "BIETEN"-Button.
In der Hälfte der Fälle hat es geklappt...
"5, 4, 3, 2, 1 – o, Sie sind leider überboten worden!"
Das Ding boomte jedenfalls! Und wenn irgendwer irgendwas loswerden wollte, hieß es: "Stells doch bei eBay ein." Es war, als sei man Teil einer großen Community – zwischen Nachhaltigkeit, weil man nichts wegschmiss, und Sport-Spiel-Spannung, wegen dem Nervenkitzel in den letzten Auktionsminuten.
Fast wie bei jedem Marktplatz
Man konnte aber auch nur einfach staunen, indem man durch die wunderliche Welt stöberte – fotografiert und beschrieben wie einem riesigen, sich ständig verändernden Sammelalbum: Und natürlich standen ziemlich seltsame Sachen zur Versteigerung: Gebrauchte Socken oder zwei Haare, die angeblich von Paris Hilton stammten.
Doch wie jeder Marktplatz lockte auch dieser bald Hehler und Diebe an. Und das Internet wuchs, und eBay wuchs: Und plötzlichen tauchten zum Beispiel Angebots-Manager auf – also Programme, die den Auktionsverlauf beobachteten und automatisch im bits&bytes-schnellen, allerletzten Moment für einen zuschlugen.
Dann gab es - natürlich - Datenschutzprobleme und geklaute Zugangsdaten. Die Hintertreppenanwälte des Internets begannen, Hunderttausende von Abmahnungen im Jahr zu verschicken an alle, die die Herkunft eines Fotos nicht angegeben hatten und für ähnliche Formfehler; Markenpiraten überschwemmten eBay mit gefaketen Produkte, ob USB-Sticks oder Handtaschen.
Gezielte Manipulationen
Und es sprachen sich Methoden rum, wie man Auktionen gezielt manipulierte. Auf der andern Seite entdeckten immer mehr Betreiber von altmodischen Ladengeschäften, die unter der Amazonisierung des Handels zunehmend am Hungertuch nagten, dass sie eBay als Chance nutzen konnten, auch abseits ihres Ladens wieder Ware zu verkaufen.
Zwischendurch gab es sogar mal neue Autos, angeboten von General Motors.
Und inzwischen ist der ehemalige Flohmarkt eBay selbst so eine Art Amazon geworden: ein Multimilliarden-Konzern mit artfremden Un-tersparten, Mode-Outlets und Logistikcentern in aller Welt, mit nerv-tötenden WOW-eMails - und Werbespots irgendwo zwischen cooler Freizeitreklame und den beliebten Klamotten- und Schminktipps auf YouTube.
Natürlich kann man immer noch ein Grundig-Röhrenradio von 1957 oder einen Sitz-Puffhocker mit Schachbrettmuster ersteigern, Überraschungseier oder an langen Fernsehabenden nachgehäkelte Prilblumen. Aber - das ist so wie bei Kindern, die ihr Spielzeug in der Einkaufszone neben den Großgeschäften anbieten. Und eBay ist leider - ein ziemlich normaler Online-Handelskonzern geworden.
Und wer weiß, vielleicht gehen die Kleinanbieter demnächst wieder draußen auf den Flohmarkt: Mehr Flair hat der mit Sicherheit.

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