150 Jahre estnisches Sängerfest Tartu

Im Geiste unabhängig

Zwei junge Estinnen mit typischem Blumenkranz und Trachtenbluse singen bei der Großveranstaltung.
Die größte Tradition der Esten, das gemeinsame Singen in Riesenchören, ist nach wie vor lebendig. © Festival Laulupidu / Rene Mitt
Von Julia Kaiser · 21.08.2019
Es ist ein Ereignis, das jeder Chorsänger einmal erlebt haben sollte: ein Sängerfest im Baltikum. Tausende singen miteinander und erleben die Gemeinschaft. In Estland gibt es das ältere in der ehemaligen Hansestadt Tartu und eins in Tallin.
Im Jahr 1869 wurde in Estland die Tradition des Sängerfestes begründet. Offizieller Anlass war der 50. Jahrestag der Abschaffung der Leibeigenschaft in Livland durch den russischen Zaren 1819. Auf diese Weise erhofften sich die Veranstalter, zaristische und deutschbaltische Widerstände gegen die Abhaltung des estnischen Liederfests leichter überwinden zu können.

Singen als nationale Selbstvergewisserung

Im Südosten des Landes, in Tartu, waren zunächst nur Männerchöre zugelassen, doch bald schon wuchs das Sängertreffen zum Ausdrucksort nationalen Selbstbewusstseins.

Besonders nach 1944 gewann das Sängerfest an Bedeutung, während der Sowjet-Okkupation war es eine der wenigen Gelegenheiten, bei der sich alle Esten versammeln und zu ihrem Estentum bekennen konnten. Die "Singende Revolution" der Esten 1988 ist ebenso auf die Tradition des Sängerfestes zurückzuführen wie die Tatsache, dass fast jeder Este, jede Estin in einem Chor singt. Auch, um daran zu erinnern, wurde zum Mittsommer in Tartu das 150-jährige Jubiläum des ersten Sängerfestes gefeiert.
Blick durch eine Schibe auf die Stadtiontribüne voller Sänger, darin spiegeln sich einige Sängerinnen mit estnischen Fahnen.
Tradition und Stolz der Esten in blau-weiß.© Festival Laulupidu / Sven Zacek
Eine Dirigentin steht auf einem erhöhten Podest um einen Chor von tausenden Sängern im Hintergrund zu leiten.
Singen der Tausenden in Estland.© Festival Laulupidu / Rein Leib
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