1 Jahr GroKo

Vernunftehe mit Eifersüchteleien

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Horst Seehofer sitzen an einem Tisch und unterzeichnen den Koalitionsvertrag.
Es ist vollbracht: Die Parteichefs Von SPD, CDU und CSU haben den Koalitionsvertrag unterschrieben. © afp/MACDOUGALL
Von Frank Capellan · 17.12.2014
Seit einem Jahr ist die zweite Große Koalition unter Angela Merkel im Amt. Zeit für einen Rückblick auf eine Zeit voller Sticheleien und Koalitionszwist.
Lammert: "Ich stelle fest, dass Frau Dr. Angela Merkel zur Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland gewählt ist!"
Na, dann Herzlichen Glückwunsch, Angela Merkel! Schon wieder ein Jahr rum - erster Geburtstag der Groko 2 – der zweiten Großen Koalition, die die erste ostdeutsche Kanzlerin mit den Genossen – na ja - eingehen musste ...
Lammert: "Auch wenn ich aus der Entgegennahme des Blumengebindes den begründeten Eindruck gewonnen habe, dass Sie sich ernsthaft mit dem Gedanken tragen, die Wahl anzunehmen, frage ich Sie der guten Ordnung halber: Nehmen Sie die Wahl an?"
Merkel: "Herr Präsident, ich nehme die Wahl an und bedanke mich für das Vertrauen!"
Sticheln gegen den Koalitionspartner
Ein Vertrauen, das in dieser Vernunftehe schon so manches Mal arg strapaziert worden ist. Vergiftete Grüße von der Chefin, letzte Woche erst, kurz vor dem Geburtstag ...
Merkel: "Sich als linke stolze Volkspartei in die Juniorrolle unter Führung der Linkspartei zu begeben - wieviel kleiner will die SPD sich eigentlich noch machen, frage ich mich!"
Klein gemacht haben sie sich in Thüringen, in Berlin aber sind sie ganz groß rausgekommen. Der Wähler hat es zwar noch nicht kapiert, aber Rente mit 63, Mindestlohn, Frauenquote – wer hat's erfunden? – Die SPD!
Stegner: "Die ärgern sich darüber, dass wir so erfolgreich sind, und dass sie nicht die Politik bestimmen!"
Analysiert Ralf Stegner, der heimliche Generalsekretär der SPD, der in erster Linie Stellvertreter des Parteivorsitzenden ist. Sigmar Gabriel wiederum, der Vizekanzler kontert mit Humor auf die Attacken vom CDU-Parteitag in Köln:
"Das allerdings ist ne Karnevalsveranstaltung ... "
Gönnen können – nach diesem rheinischen Motto wird so oft verfahren in dieser Großen Koalition. Päckchen für Päckchen müssen Wahlgeschenke geliefert werden. Abschlagsfreie Rente mit 63, mehr Geld für die Mütter. Die Konjunktur brummt, die Steuereinnahmen sprudeln. Da reicht das Geld am Ende sogar für die "Schwarze Null" , den ausgeglichenen Haushalt. Merkel macht's möglich:
Merkel: "Ich finde, dass die Arbeit der Bundeskanzlerin eine sehr inspirierende Arbeit dahin gehend ist, dass sie immer wieder neue Probleme haben!"
Störfeuer aus München und Moskau
Inspiration erhält Angela Merkel 2014 reichlich. Aus München und Moskau kommt so manches Störfeuer. Auf Putins verdeckten Krieg reagiert die Kanzlerin ungewohnt scharf, während der Außenminister ganz Diplomat bleibt. "Brandgefährlich" sei diese Nebenaußenpolitik, warnt Horst Seehofer, Sigmar Gabriel schüttelt nur den Kopf.
"Wie man meinem Außenminister Nebenaußenpolitik vorwerfen kann, entzieht sich jedenfalls der mir zugänglichen Logik."
Mit Seehofers Logik bekommt es Gabriel auch bei der Energiewende zu tun.
Seehofer: "Wenn ein Großprojekt notwendig ist, werde ich der erste sein, der dafür eintritt gegenüber der Bevölkerung."
Aber neue Stromtrassen über Bayerns Berge mag der CSU-Chef sehr zum Ärger von Kanzlerin und Vizekanzler nun mal gar nicht.
Seehofer: "Aber wenn ich selbst nicht voll überzeugt bin, was da notwendig ist und in welchem Verlauf, kann ich auch die Bevölkerung nicht überzeugen."
Andere sind da schneller zu überzeugen. Parteifreund Hans-Peter Friedrich zum Beispiel.
Friedrich: "Ich hatte doch das Gefühl, dass eine klare Erwartung sowohl des CSU-Vorsitzenden wie auch der Bundeskanzlerin mir gegenüber bestand, dass ich zurücktrete!"
Nur ganz kurz durfte Hans-Peter Friedrich Landwirtschaftsminister sein. Am 14. Februar muss er gehen, weil er Thomas Oppermann von der SPD über die Ermittlungen gegen Sebastian Edathy in Sachen Kinderpornografie informiert hatte.
Oppermann: "Das tut mir leid. Aber ich hatte ja meine öffentliche Erklärung mit ihm vorher abgestimmt!"
Belastung durch Edathy-Affäre
Die Edathy-Affäre belastet die schwarz-rote Ehe bis heute. Oppermann plaudert, und unser Minister muss gehen – für die CSU einfach zum Heulen! Doch sollte Edathy morgen nachweisen können, dass er von Oppermann gewarnt wurde, es dürften neue Tränen fließen ...
Kauder: "Frau Familienministerin sollte nicht so weinerlich sein. Sie sollte den Koalitionsvertrag umsetzen, dann ist alles in Ordnung!"
Ach ja, die Frauenquote. Die hat auch für Knatsch gesorgt, und den Unionsfraktionschef so richtig in Rage gebracht. Volker Kauder wird im November zum Mitarbeiter des Monats der SPD. Männer, die gegen Frauen stänkern - Angela Merkel, einst als Kohls Mädchen belächelt, mag so was gar nicht gern.
Merkel: "Das ist jetzt so beschlossen, und nun wird es auch so gemacht!"
Basta! Merkel setzt die Quote durch. Von Kauders Macho-Allüren ist sie wenig begeistert:
"Ein Mann darf auf Aufforderung auch etwas sagen!"
Aber eben nur auf Aufforderung. Wenngleich - selbst, das kann mal in die Hose gehen ...
Oppermann: "Liebe Kollegin Hasselhorn ... Hasselfeldt ... Hasselmann ... "
Bei der Maut hört der Spaß auf
Es gab also auch was zu lachen im ersten Groko-Jahr. Wenn's aber um die Maut geht, dann hört der Spaß auf :
Seehofer: "Dass ausgerechnet aus der CDU diese Querschüsse kommen, ist nicht schön, und ich hoffe, die Kanzlerin kann das abstellen!"
Oha! Der Seehofer Horst kämpft dafür, pünktlich zum Fest sein Geschenk verteilen zu können: Die Autobahngebühr, die nur Ausländer belastet - nennen wir sie einfach Infrastrukturabgabe. Heute kommt sie ins Kabinett und Seehofer wird wohl so lange drauf rumhacken, bis das Ding europarechtskonform ist.
Merkel: "Ich hab mich informiert, dass der lange Schnabel trotzdem nicht dazu führen kann, dass man in den Finger gebissen wird!"
Na dann ist doch alles friedlich. Drei Tage noch, dann ist wieder Ruhe in Berlin, dann gilt erst mal wieder wie schon im letzten Jahr:
Gabriel: "Jetzt wird auch Zeit, dass mal Weihnachten ist. Schnee ist noch nicht da, aber munter können wir ja schon mal sein, ja!"
Mehr zum Thema