Vor 100 Jahren geboren

US-Präsident John F. Kennedy und sein Rendezvous mit dem Schicksal

Der amerikanische Präsident John F. Kennedy gibt am 22.10.1962 in Washington in einer Fernsehansprache an die Nation die Blockade Kubas bekannt.
Der amerikanische Präsident John F. Kennedy gibt am 22.10.1962 in Washington in einer Fernsehansprache an die Nation die Blockade Kubas bekannt. © epa afp
Von Bert-Oliver Manig · 29.05.2017
Als jüngster jemals gewählter US-Präsident verkörperte John Fitzgerald Kennedy mit seinem strahlenden Charisma für viele Zeitgenossen den Aufbruch in eine hellere Zukunft. Doch hinter dem Mythos JFK verbarg sich ein von Todeserfahrungen geprägter Charakter. Innen- wie außenpolitisch setzte er wegweisende Akzente. Heute vor 100 Jahren wurde Kennedy geboren.
"You, John Fitzgerald Kennedy do solemnly swear..."
"I, John Fitzgerald Kennedy do solemnly swear..."
Als John F. Kennedy am 20. Januar 1961 vor dem Capitol in Washington als 35. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika vereidigt wurde, war der Himmel wolkenlos blau - wie so oft bei seinen wichtigen Auftritten. "Kennedy-Wetter" wurde zu einem geflügelten Wort, und das passte zur Aura eines allem Anschein nach vom Glück verwöhnten Mannes: Jugendlichkeit, Reichtum, Macht, Attraktivität – äußerlich verkörperte John F. Kennedy kollektive Sehnsüchte der Menschen zwischen Nachkriegszeit und Pop-Ära.
Doch der äußere Anschein trog: Über Kennedys Leben lagen dunkle Schatten. Am 29. Mai 1917 als Sohn eines Multimillionärs irischer Abstammung geboren, verlor er bereits als junger Mann zwei ihm besonders nahestehende Geschwister. Er selbst war von Krankheiten geplagt und war dem Tode mehrmals nur knapp entkommen, einmal spektakulär als Kommandant eines Patrouillenbootes während des Zweiten Weltkriegs, weshalb er als Kriegsheld galt. John F. Kennedy war nach diesen Erfahrungen überzeugt, nicht älter als 45 zu werden – eine ruhelose Vitalität war die Folge, die sowohl in seinem ungeduldigen politischen Aufstiegswillen wie in seiner ständigen Gier nach Frauen zum Ausdruck kam.

Tablettensüchtig und ein notorischer Schürzenjäger

Mit der Nominierung eines Katholiken, notorischen Schürzenjägers und tablettensüchtigen Mannes, dessen gesundheitliche Probleme sorgsam vor der Öffentlichkeit verborgen werden mussten, war die Demokratische Partei im Präsidentschaftswahlkampf 1960 ein erhebliches Risiko eingegangen. Auf der anderen Seite war Kennedy, der 1952 in den Senat gewählt worden war, ein profilierter Antikommunist und zählte nicht zum linksliberalen Parteiflügel, sodass er den Republikanern kaum Angriffsflächen bot. Im Fernsehduell mit seinem republikanischen Kontrahenten Richard Nixon machte Kennedy die bessere Figur, auch weil er virtuos mit griffigen Formeln zu spielen verstand:
"Franklin Roosevelt sprach 1936 davon, dass die damalige Generation ein Rendezvous mit dem Schicksal hatte. Ich glaube, dass auch wir in den nächsten vier Jahren ein Rendezvous mit dem Schicksal haben. Und ich glaube, dass es unsere Pflicht ist, die USA und die Freiheit zu verteidigen; und dafür braucht dieses Land Führungskraft – wir müssen Amerika wieder in Bewegung bringen!"
Kennedys Wort vom Rendezvous mit dem Schicksal sollte sich als prophetisch erweisen. Der Kalte Krieg spitzte sich rasch zu: Im Oktober 1962 schockierte Präsident Kennedy die Weltöffentlichkeit mit der Nachricht, dass die Sowjetunion heimlich nukleare Mittelstreckenraketen nach Kuba geschafft hatte:
"Diese plötzliche, heimliche Entscheidung, erstmals strategische Waffen außerhalb der UdSSR zu stationieren, ist eine bewusst provokative und ungerechtfertigte Veränderung des Status quo, die von unserer Nation nicht akzeptiert werden kann, wenn unser Mut und unsere Verpflichtungen in Zukunft bei Freund und Feind noch etwas gelten sollen."

Vorrang einer politischen Konfliktlösung durchgesetzt

Als Reaktion verhängte Kennedy eine Seeblockade über Kuba, was die Welt an den Rand eines Atomkriegs brachte. Er widerstand aber dem Drängen seiner Generäle auf eine Invasion Kubas und setzte den Vorrang einer politischen Konfliktlösung durch. Schließlich zogen die Sowjets die Raketen aus Kuba ab, im Gegenzug verpflichteten sich die USA dazu, atomare Waffen aus der Türkei zurückzuziehen, und entsagten allen Plänen, gegen das sozialistische Regime in Kuba militärisch zu intervenieren. Diese Lösung der Kuba-Krise wies den Weg zur Entspannungspolitik: Im Januar 1963 konnte Kennedy den Abschluss eines Abkommens mit der Sowjetunion über den Stopp von Atomtests verkünden:
"Nun könnte sich zum ersten Mal seit vielen Jahren ein Weg zum Frieden öffnen. Niemand kann mit Gewissheit sagen, was die Zukunft bringen wird, … aber die Geschichte und unser eigenes Gewissen werden ein hartes Urteil über uns sprechen, wenn wir nicht jede Anstrengung machen, unsere Hoffnungen in die Tat umzusetzen."
Auch innenpolitisch war die kurze Präsidentschaft Kennedys alles andere als eine Schönwetterperiode: Der Rassenkonflikt im Süden erschütterte das Land, Kennedy brachte ein Bürgerrechtsgesetz, das die Rassentrennung verbot, auf den Weg. Dessen Verabschiedung erlebte er nicht mehr: Am 22. November 1963 wurde John F. Kennedy in Dallas während einer Fahrt im offenen Cabriolet von einem psychisch kranken Attentäter erschossen. Er wurde 46 Jahre alt.
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