Tanja Dückers

Die literarische Stadtsoziologin

Moderation: Matthias Hanselmann · 22.05.2017
Sie schreibt Romane, Erzählungen, Gedichte und Essays: Tanja Dückers ist eine der vielseitigsten deutschen Autorinnen. Die Berlinerin engagiert sich für Flüchtlinge – und hat sich einen Namen als Kirchenkritikerin gemacht.
Tanja Dückers ist unter anderem am Projekt "Weiter Schreiben" beteiligt, das geflüchteten Schriftstellern Übersetzungen ihrer Texte ermöglicht, so dass diese auch in Deutschland gelesen werden können. "Uns ist auch sehr wichtig, diese Autoren nicht nur als die Geflohenen, als die Opfer zu präsentieren. Das erleben sie oft genug, und sie möchten eben hier im diesem Projekt wirklich mal als Schriftsteller in erster Linie wahrgenommen werden, und wir setzen uns ästhetisch mit ihren Texten auseinander", sagt Dückers. Eine einseitige Fixierung auf die Fluchtgeschichte dieser Autoren habe oft "was voyeuristisches".

Bekennende Agnostikerin

In ihren journalistischen Texten setzt sich die bekennende Agnostikerin Tanja Dückers häufig mit Religion und Kirche auseinander. Wobei sie den Deutschen Evangelischen Kirchentag, der in dieser Woche stattfindet, für eine "gute Veranstaltung" hält. Wichtig ist ihr aber eine konsequentere Trennung von Kirche und Staat, als hierzulande vom Gesetz vorgesehen. Und ein respektvoller Umgang von Gläubigen und Nichtgläubigen:

"Ich habe immer wieder festgestellt, dass humanistische Werte sich gar nicht so groß von den Werten unterscheiden, die ich jetzt bei Menschen antreffe, die stark in evangelischen oder katholischen Kirchen oder muslimischen Glauben eingebettet sind – oder jüdischen Glauben. Also wenn ich mich dort unterhalte mit Freunden, Bekannten, Kollegen, Leuten, die ich kennenlerne auf Reisen, dann sind die Werte oft erstaunlich ähnlich."

Das Westberlin ihrer jungen Jahre

In ihrem jüngsten Buch beschreibt Tanja Dückers ihre Kindheit im alten Westberlin; noch heute lebt sie in Berlin und die Stadt lässt sie auch literarisch nicht los. Vermisst sie das Westberlin ihrer jungen Jahre?
"Ich hatte irgendwann das Gefühl, dieses alte Westberlin ist auch etwas Besonderes gewesen wegen seiner geopolitischen Lage. Das Lebensgefühl dort ist nun einfach völlig anders jetzt, als damals in der auch eingemauerten Stadt. ´Vermissen` klingt mir zu nostalgisch."
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