Tagebau in Brandenburg

In der Lausitz trocknen die Seen aus

Blick in den Braunkohletagebau Jänschwalde der LEAG (Lausitz Energie Bergbau AG) am 07.01.2018 unweit der Ortschaft Grießen (Brandenburg).
Ist der Braunkohleabbau für die sinkenden Pegel in den Brandenburger Seen verantwortlich? © dpa / picture alliance / Patrick Pleul
Von Vanja Budde · 31.01.2018
Der Rückgang der Pegelstände ist dramatisch: Ein halbes Dutzend Seen am Rande eines Tagebaugebietes verliert Wasser. Der Erhalt der Gewässer ist bedroht. Die Anwohner sind alarmiert, doch die Betreiber dementieren jeglichen Zusammenhang.
Immer weiter frisst sich die mächtige Förderbrücke durch den Tagebau Jänschwalde Nord vor den Toren von Cottbus. Die hier geförderte Braunkohle wird im gleichnamigen Kraftwerk verstromt: Energie für sechs Millionen Haushalte. Und massive Probleme für die Umwelt, klagen Anwohner wie Karl-Heinz Naumann aus Grabko:
"Zum Beispiel die Problematik der Grundwasserabsenkung und der gesamten Wasserstände hier in der Umgebung. Wir liegen mit unserem Dorf Grabko kilometermäßig sehr nah dran an dem Tagebau Jänschwalde Nord."
Der Bergbaubetreiber, das Unternehmen LEAG, pumpt mit tausenden von Brunnen jährlich hunderte Millionen Kubikmeter Grundwasser ab, um die Braunkohle fördern zu können. Dadurch entsteht ein sogenannter Absenkungstrichter, in den Grundwasser nachsickert.
"Und unsere Seen in der Umgebung, die schon seit der letzten Eiszeit hier, so über 40.000 Jahre bestanden haben, sinken jetzt ganz zufällig ab, seit ein paar Jahren. Bei uns, wo wir wohnen, ist das der Pastlingsee, der war auch zuerst am auffälligsten. Aber es handelt sich auch inzwischen nachweisbar deutliche Absenkungen im Pinnower See oder im Großsee."

Rückgang um fast anderthalb Meter

Betroffen sind auch weitere Seen, alle in höchstens 20 Kilometern Entfernung zum Tagebau Jänschwalde Nord. In einigen sind die Wasserspiegel fast anderthalb Meter zurückgegangen. René Schuster von der Umweltgruppe Cottbus:
"Es geht um insgesamt sieben Seen in der Region, die, je weiter der Tagebau nach Norden wandert, umso mehr Wasser verlieren."
Der Pinnower See beispielsweise liege aber am Rand des Absenkungstrichters, relativiert Kurt Augustin, Abteilungsleiter für Wasser- und Bodenschutz im Potsdamer Umweltministerium.
In diesem Fall könne man nicht von einem maßgeblichen Anteil des Bergbaus sprechen. Auch andere Faktoren könnten eine Rolle spielen, wie Verdunstung, Wasserentnahmen, Vegetation oder der See-Untergrund.
"Anders ist es beispielsweise bei dem Großsee und bei dem Kleinsee. Da wissen wir, dass wir Wasserverluste von einem Meter zu verzeichnen haben. Die beiden Seen befinden sich auch schon im Absenkungstrichter, sodass wir hier eher vermuten, dass das womöglich auch bergbaubedingt ist."

Umweltministerium sieht Teilschuld beim Bergbau

Selbst eine solch vorsichtige Aussage ist aus dem SPD-geführten Ministerium außergewöhnlich: Die Brandenburger Sozialdemokraten sind traditionell sehr Kohle-freundlich, allen voran Ministerpräsident Dietmar Woidke und Energieminister Albrecht Gerber. Es wurde Zeit, dass die Umweltschäden des Bergbaus endlich einmal auch von der rot-roten Landesregierung eingeräumt werden, sagt denn auch die Landtagsabgeordnete der Grünen, Heide Schinowsky:
"Als Nächstes muss nun geklärt werden, zu welchem Anteil der Bergbau daran schuld ist und entsprechend die Kostenfrage geklärt werden."
Der Energiekonzern sieht keine Verbindung zwischen dem Bergbau und der Austrocknung der Seen. Die LEAG wolle sich derzeit aber dazu nicht weiter äußern, teilte ein Unternehmenssprecher mit. Jetzt müsse erst einmal genau nachgemessen werden. Das sieht auch Kurt Augustin vom Brandenburger Umweltministerium so:
"Wir kommen zu dem Ergebnis aufgrund unserer hydrologischen Messwerte, dass es einen bergbaubeeinflussenden Faktor geben könnte. Wir haben unsere eigenen Daten, die LEAG hat auch ihre Daten und da gibt es unterschiedlichen Bewertungen und das ist meines Erachtens auch legitim."

Anwohner fordern unabhängiges Gutachten

Um die Ursachen des Wasserschwundes zu ermitteln, greift das Umweltministerium auch auf Messwerte der LEAG zurück. Kritiker schimpfen, dass damit der Bock zum Gärtner gemacht werde. Doch Kurt Augustin sieht da kein Problem:
"Es gibt eine wasserrechtliche Genehmigung zu diesem Tagebauabbau. Da ist es selbstverständlich, dass der Betreiber das Monitoring zu erstellen hat. Es ist auch nicht so, dass der Betreiber hier die Daten manipuliert. Sie werden ja regelmäßig den Behörden vorgelegt. Wir haben ein eigenes Messnetz, das heißt, wir können das validieren, also von daher, finde ich, ist dieses Misstrauen überhaupt nicht angebracht."
Das sehen Kohlegegner und manche Anwohner ganz anders. Auch die oppositionellen Grünen im Landtag fordern ein unabhängiges Gutachten. Um die Gemüter zu beruhigen, soll noch vor den Osterferien über die endgültigen Messergebnisse informiert werden.
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