Sarihi/Völk: "Meine liebsten Dinge müssen mit"

Wie ein Umzug das Leben eines Kindes verändert

Buchcover: "Meine liebsten Dinge müssen mit" von Sepideh Sarihi / Julie Völk. Im Hintergrund: Vögel fliegen durch die Luft.
Wunderbar zart gezeichnet von Julie Völk: Das Bilderbuch "Meine liebsten Dinge müssen mit". © imago/Westend61/Beltz
Von Sylvia Schwab · 26.06.2018
Neues Zimmer, neue Freunde, neuer Kindergarten: Das Bilderbuch "Meine liebsten Dinge müssen mit" von Sepideh Sarihi und Julie Völk zeigt, wie schwer ein Umzug für Kinder sein kann – und wie Eltern ihren Kindern beim Neubeginn helfen können.
Es gibt viele einschneidende Erlebnisse im Leben von Kindern: den Tod eines Angehörigen, die Geburt eines Geschwisterkindes, Konflikte in der Familie oder mit Freunden oder ein Umzug. Da kommt durch den Ortswechsel möglicherweise ein ganzes kleines Lebenshaus ins Wanken, und es ist gar nicht mal so wichtig, wie weit die Reise geht.
Bekanntes und Geliebtes muss zurückgelassen werden – Menschen, Räume und Landschaften. Am Zielort wirken das neue Zimmer und Haus, der Kindergarten oder die Schule, die neue Nachbarn möglicherweise beängstigend und zumindest fremd.
Ob Abschied und Neubeginn unkompliziert oder schwierig verlaufen, hängt im Wesentlichen davon ab, wie Eltern ihre Kinder darauf vorbereiten und begleiten. Wie wird die schwierige Nachricht vermittelt? Dürfen die Kinder die neue Umgebung vorher schon mal kennen lernen? Mit ihren Freunden Abschied feiern? Die Lieblingsdinge mitnehmen oder sich am neuen Ort auf etwas Besonders freuen? Denn das alles hilft, den Übergang zu erleichtern.

Vom Auszug nur nebenbei erfahren

Das Bilderbuch von Sepideh Sarihi und Julie Völk beginnt mit den Sätzen: "Als ich mich gerade kämmte, sagte Papa, dass wir bald ausziehen werden." Ein Kind, das so nebenbei von einer einschneidenden Veränderung erfährt, muss sich erst einmal allein gelassen fühlen. Und wenn es dann seinen Koffer zwar selber packen darf, aber alle liebsten Dinge zurücklassen muss – das Aquarium, den Holzstuhl, den Birnbaum, den Busfahrer, die liebste Freundin – dann ist das Angebot, selbst zu entscheiden, was es mitnehmen möchte, nicht wirklich überzeugend.
Wie Sepideh Sarihi diese gewichtige Geschichte in nur wenige Sätze packt und wie sie die liebsten Dinge und Menschen leise charakterisiert, das ist ebenso nachvollziehbar wie berührend.
Sie lässt die kleine Ich-Erzählerin ganz selbständig einen Ausweg aus ihrem psychischen Dilemma finden, keinen pragmatischen, sondern einen emotionalen, fantasievollen. Und der wiederum lässt viel Spielraum für die eigenen Gedanken und Empfindungen des Betrachters.

Die Bilder sind zart und präzise gezeichnet

Detaillierter erzählen dann die Bilder die Geschichte weiter. Julie Völks Bilder sind wunderbar zart gezeichnet. Sie leben vom feinen Strich, den präzisen kleinen Dingen. Der gedeckte Frühstückstisch, das Aquarium, das Fantasiebild von der fremden Stadt, der Birnbaum, schließlich das Meer – das ist alles liebevoll und zum Teil auch lustig in Szene gesetzt und nur sparsam koloriert, mit einem achtsamen, fein beobachtenden Blick auf die Welt des Kindes.
Und so ist dieses kleine Mädchen dann doch nicht so allein gelassen mit seinem Abschiedsschmerz und seinen Entscheidungen, wie man ursprünglich annimmt. Die Eltern haben seiner mentalen Kraft vertraut. Zu Recht, wie man am Schluss begreift: Es wird den Neubeginn schaffen! Und das macht Mut!

Sepideh Sarihi/Julie Völk: "Meine liebsten Dinge müssen mit"
Beltz & Gelberg, Weinheim 2018
30 Seiten, 12,95 Euro
Ab 5 Jahren

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