Kulturgutschutzgesetz

Deutschland stellt sich seiner Verantwortung

Kulturstaatsministerin Monika Grütters, CDU.
Für Kulturstaatsministerin Monika Grütters. ist die Reform ein großer Erfolg. © picture alliance / dpa / Jörg Carstensen
Von Christiane Habermalz · 08.07.2016
Der Bundesrat hat dem neuen Kulturgutschutzgesetz zugestimmt - und das ist gut so: Bedeutende Kulturgüter müssen vor dem Verkauf ins Ausland geschützt werden können. Noch wichtiger aber ist die Eindämmung des illegalen Handels mit archäologischen Objekten in Deutschland.
Es war ein schwerer Brocken, und manches Mal sah es so aus, als würde er Kulturstaatsministerin Monika Grütters im Hals stecken bleiben. Doch mit der heutigen Zustimmung im Bundesrat hat die Novelle des Kulturgutschutzgesetzes endlich ihre letzte Hürde genommen.
Für Grütters ist das zweifellos ein großer Erfolg. Der Beginn war holperig. Ein erster, radikalerer Referentenentwurf geriet an die Öffentlichkeit und verursachte Proteststürme bei Sammlern und Händlern – die Vorstellungen vom bösen Staat, der wie mit Tentakeln nach privatem Kunstbesitz und den Leihgaben in Museen greift und sich die schönsten Stücke unter den Nagel reißt, ließen sich danach kaum wieder einfangen.
Und später war es der Kunsthandel selbst, der teilweise wider besseres Wissen die Ängste von Kunstbesitzern und Sammlern schürte. Dabei war er von Anfang an mit eingebunden, und wusste, dass das Gesetz nur einen Bruchteil der Kunstwerke in Privatbesitz betreffen würde - die gesamte zeitgenössische Kunst, die immer noch 90 Prozent des deutschen Kunsthandels ausmacht, ist gar nicht betroffen und auch nicht gemeint.

Viele Staaten haben strengere Regelungen

Wer Kulturgutschutz mit staatlicher Enteignung gleichsetzt, darf sich nicht wundern, wenn am Ende des Dauerbeschusses tatsächlich Sammler, zutiefst verunsichert, ihre Richters und Picassos ins Ausland schaffen. Die können ihre Bilder nun getrost zurückholen.
Was heute verabschiedet wurde, stellt nicht den Untergang des Abendlandes dar, sondern die – moderate - Umsetzung des legitimen Anliegens eines jeden Landes, herausragende Kulturgüter, die wichtig für die eigene Identität und Geschichte sind, vor dem Verkauf ins Ausland zu schützen.
Viele Staaten haben zum Teil viel strengere Regelungen getroffen, um ihr kulturelles Erbe zu bewahren. Und anders als der Kunsthandel bis zuletzt suggeriert, stellt das Prädikat "national wertvoll" keine Enteignung dar, sondern lediglich die Auflage, diese Kunstwerke nicht ins Ausland verkaufen zu dürfen. Das mag einen nominellen Wertverlust bedeuten – aber eben nur, wenn man Kunst allein in Geldwert misst.
Tief sitzt noch der Schock über den Beinahe-Verlust der Reisetagebücher des Alexander von Humboldt, die plötzlich von dessen Erben auf einer Auktion in London meistbietend angeboten wurden. Ähnlich lief es mit dem Evangeliar von Heinrich dem Löwen, bis 1945 im Besitz der Welfen, das 1983 aus dem Nichts bei Sotheby’s auftauchte und für über 30 Millionen D-Mark von einem Konsortium aus öffentlichen und privaten Geldgebern für Deutschland zurückgekauft werden musste.

Die wichtigsten Passagen betreffen die Einfuhr

Der Kunsthandel argumentiert damit, dass Kunst doch international sei – und meint damit doch eigentlich die Kunstmärkte. Die sind international so aufgeheizt, dass staatliche Rückkaufaktionen à la Humboldt-Tagebücher nahezu unmöglich werden.
Die wichtigsten Passagen des neuen Gesetzes aber betreffen nicht die Abwanderung, sondern die Einfuhr von Kulturgütern. Endlich – nach beschämenden 46 Jahren – hat Deutschland Regularien verabschiedet, mit denen der blühende illegale Handel mit archäologischen Objekten in Deutschland massiv erschwert wird.
Es wird Zeit, dass sich Deutschland seiner internationalen Verantwortung stellt – auch im Kulturgutschutz.
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