Kate Winslet in "Mare of Easttown"

Ohne Glamour und hervorragend verkleidet

08:58 Minuten
Szene aus "Mare of Easttown": Kate Winslet steht vor der Tür eines Backsteinhauses.
Als würde der gebürtige Wiener Christoph Waltz auf Siegerländer Platt drehen: Die Britin Kate Winslet verblüfft in "Mare of Easttown" mit sprachlichen Fähigkeiten. © HBO
Maren Haffke im Gespräch mit Max Oppel |
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"Mare of Easttown" mit Kate Winslet erzählt eine konventionelle Krimihandlung und ist trotzdem eine großartige Serie, meint Kritikerin Maren Haffke. Wer den Stoff im Original schaut, kann die Britin einen komplexen US-Dialekt imitieren hören.
In der Serie "Mare of Easttown" gibt Kate Winslet eine Polizistin, die in Easttown, einer Kleinstadt im US-Bundesstaat Pennsylvania, einen Mordfall aufklären soll: In einem Fluss wird die Leiche eines Teenagermädchens gefunden. Die siebenteilige HBO-Produktion, die ab dem 21. Mai auf Sky Atlantic HD ausgestrahlt wird, hört sich also erst einmal nach einer recht konventionellen Krimiserie an – wäre da nicht der Glanz der Oscar-Preisträgerin Kate Winslet.
"Mare of Easttown ist eine dieser stimmungsvollen Kleinstadt-Krimiserien, in denen alles immer neblig und feucht aussieht", sagt die Kritikerin Maren Haffke. Dennoch sei die Serie etwas Besonderes, weil sie das Vertraute, das Generische daran verstanden habe und es zu nutzen wisse, um etwas ganz Eigenes zu erzählen.
So sei eindeutig für das Publikum, dass Easttown eben nicht im nebligen England oder im nebligen Skandinavien, sondern in den nebligen USA der Gegenwart spiele: nämlich an einem Ort, wo viele Menschen keine Krankenversicherung haben, man Stromausfälle und Opioidabhängigkeit kenne.

Eine Oscar-Gewinnerin unter Anorakträgern

Angesiedelt ist die Handlung im Milieu der Arbeiterklasse: "Alle tragen immer Flanellhemden und Anorak, die Figuren sind müde und stolz und generell unbeeindruckt", so Haffke: Sie seien Tragödien gewohnt, ihre Erwartungen aus Erfahrung gering.
Mare, die von Kate Winslet gespielte Ermittlerin, ist in Easttown aufgewachsen. Die Britin sei in dieser Rolle "wirklich besonders gut: stoisch, pragmatisch, sehr stark, aber dabei eindeutig hochtraumatisiert". Die Darstellung sei unglamourös: "Wir sehen sie ungeschminkt mit rausgewachsener Blondierung vor baufälligen Häusern E-Zigarette rauchen", berichtet die Kritikerin.
Natürlich vergesse man trotzdem keine Sekunde, dass es sich um die berühmte Oscarpreisträgerin Kate Winslet handele. Der Umstand, dass die Schauspielerin außergewöhnlich gut verkleidet sei, tue der Serie sogar gut, findet Haffke: Denn sie beziehe daraus Leichtigkeit und Humor.

Gut erzählt, bewegend, spannend und auch komisch

Die Kritikerin empfiehlt, die Serie im Original (mit Untertiteln) zu schauen: Als Britin stand Winslet vor der Herausforderung, mit einem sehr prägnanten US-Dialekt zu sprechen, der als außergewöhnlich schwer nachzuahmen gilt.
"Das Äquivalent aus deutschsprachiger Sicht wäre vielleicht, wenn Christoph Waltz, zweifacher Oscarpreisträger aus Österreich, mitteilen ließe, als nächstes würde er gerne eine düstere Krimiserie auf Siegerländer Platt drehen."
Kritikerinnen und Kritiker aus Philadelphia attestierten Winslet, die Imitation des lokalen Slang sei zumindest ein nobler Versuch gewesen. Die Schauspielerin habe sich also nicht blamiert, sagt Haffke.
Sehenswert ist "Mare of Easttown" ihrer Meinung nach auf jeden Fall. Die Serie sei gut erzählt, bewegend, stellenweise sehr lustig und vor allem spannend.
(jfr)
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