Immobilienspekulation und steigende Mieten

Bereitet dem Spekulantenglück endlich ein Ende!

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Fassade eines Hauses im Zuckerbäcker-Stils in Berlin-Friedrichshain. An einem Fenster hängt das Plakat "Ausverkauf stoppen".
Berliner Mieter wehren sich zunehmend dagegen, dass mit ihren Wohnungen spekuliert wird. Zum Teil bereits mit Erfolg, schreibt Klaus Englert. © imago/Winfried Rothermel
Eine Einmischung von Klaus Englert · 25.02.2019
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Im Vergleich zum Ausland gelten deutsche Immobilien noch als günstig. Resultat: Immer mehr Investoren tummeln sich auf dem Markt. Leidtragende dieser Entwicklung sind die Mieter. Schluss damit, fordert der Journalist und Buchautor Klaus Englert.
Auf dem deutschen Wohnungsmarkt ist derzeit ein Verdrängungswettbewerb unter Immobilienkonzernen zu beobachten. Etliche dieser Konzerne profitieren davon, dass im Ausland deutsche Immobilien geradezu als "Schnäppchen" gelten. Wer diese Marktlücke entdeckt, kann sich schnell eine goldene Nase verdienen. Für Maklerbüros, die sich auf Besserverdienende eingestellt haben, hat ein goldenes Zeitalter begonnen.

Chinesische Agenturen mischen den Markt auf

Tatsächlich drängt es viele amerikanische, britische und südkoreanische Investoren auf den hiesigen Immobilienmarkt. Mittlerweile hat sich ein mächtiger Konkurrent hinzugedrängt, der die schon jetzt irrsinnig angeschwollenen Wohnungs- und Immobilienpreise noch weiter in spekulative Höhen treibt: Es sind chinesische Agenturen, die in Deutschland für ihre neureichen Landsleute einspringen, denen eine Wohnung im Ausland – wie es unter Eingeweihten heißt - als Statussymbol gilt.
Um den Luxusmarkt in Berlin und Frankfurt für die eigene Klientel aufzubauen und den Kunden millionenteure Apartments anzubieten, hat sich in Frankfurt das erste chinesische Immobilienmaklerbüro in Deutschland mit dem Staatsfonds China Investment Corporation zusammengetan. Der verfügt allein in Deutschland über 16.000 Mietwohnungen.

Konkurrenzkampf zu Lasten der Mieter

Gerade Berlin wird zusehends zum heiß umkämpften Schlachtfeld im Kampf um die begehrtesten Immobilien. Beim Verkauf ganzer Marktsegmente haben die Chinesen bereits die mächtigen Immobilienkonzerne Deutsche Wohnen, Vonovia und LEG Immobilien ausgestochen. Den Immobilienkonzernen geht es angesichts der Konkurrenz um einen beständigen Ausbau ihrer Marktanteile.
Dabei sind die Konzerne zusehends im Zugzwang, weil sie von den internationalen Großaktionären dazu getrieben werden, Mieten und Wohnungspreise kontinuierlich anzuheben. Konzerneigene Wohnungen sind damit zur Spekulationsmasse geworden, zu Lasten der Mieter. Denn Mietsteigerung bedeutet für die Immobilienspekulanten auch Wertsteigerung der Aktie. Davon kann Deutsche Wohnen ein Lied singen. Der Konzern - mit 110.000 Berliner Wohnungen – wird vom internationalen Großaktionär Blackrock beständig darauf hingewiesen, wie viel Spielraum die Mieten noch nach oben haben.

Zauberwort Rekommunalisierung

Welche politischen Instrumente gibt es, um dem Spekulantenglück ein Ende zu bereiten? Das haben sich die Verantwortlichen in den Berliner Baudezernaten gefragt, nachdem die kommunalen Wohnungsbaugenossenschaften verkauft und der Sozialwohnungsbestand abgebaut worden waren – und damit ein Wohnungsnotstand herbeigeführt wurde.
Das Zauberwort in Berlin heißt Rekommunalisierung von Wohnungen. Die neue Strategie trägt mittlerweile Früchte: Kürzlich wurde bekannt, dass der Berliner Senat von Deutsche Wohnen 51.000 Mietwohnungen, die früher landeseigen gewesen waren und dann an amerikanische Fondsgesellschaften verscherbelt wurden, zurückerwerben will.

Ein Anfang ist gemacht

In der so zentralen Bodenfrage erzielte der Berliner Senat vor Kurzem im Verein mit sozialen Akteuren erstaunliche Fortschritte: Dank der Kommunalisierung von möglichst vielen Wohnflächen, um der Spekulation auf künftig steigende Mieteinnahmen und Verkaufspreise vorzubeugen. Die Überzeugung setzte sich durch, dass der soziale Wohnungsbau langfristig durch Kooperation von Privaten, Genossenschaften und öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften gestärkt werden soll.
Als die Stadtverwaltung im beliebten Kreuzberg ein kommunales Grundstück vergab, weil das dahinter stehende Konzept überzeugte, signalisierte das eine erfolgreiche Wende in der Wohnungspolitik. Diese Wende bedeutet auch: Baugemeinschaften und Genossenschaften bezahlbaren Wohnraum anzubieten.
Ob die schwindelerregende Spekulation auf steigende Mieten und Eigentumspreise damit gestoppt wird, bleibt die Frage. Nach vielen Jahren des Wegschauens ist es zumindest ein ernst zu nehmender Anfang.

Klaus Englert, promoviert in Germanistik und Philosophie, ist Journalist und Buchautor. Er schreibt für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" und den Hörfunk, vornehmlich über architektonische und philosophische Themen. Des Weiteren ist er als Kurator für Architektur-Ausstellungen tätig. Zuletzt erschien sein Buch "Barcelona" (DOM Publishers, 2018). In Vorbereitung ist ein Buch über die Entstehung der modernen Wohnkultur.

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