Zwischen Spektakel und Platzmangel

Sport auf Dächern

Schüler beim Sportunterricht auf dem Dach - in der chinesischen Stadt Taizhou.
Schüler beim Sportunterricht auf dem Dach - in der chinesischen Stadt Taizhou. © dpa / Imagine China
Von Frank Ulbricht · 17.09.2017
Auf dem Hochhausdach kicken oder seine Laufrunden drehen, das hört sich toll an. Doch die Sportstätten mit Top-Aussicht entstehen in Großstädten meist auch, weil es unten einfach keinen Platz mehr für Sportstätten gibt.
Der Weg zu Berlins größtem Fußballfeld auf dem Dach erinnert zunächst mehr ans Einkaufen, als an Sport. Auf einem großen Kundenparkplatz, zwischen Abhollager und Leergutannahme, geht es hinauf zum "Fußballhimmel", so steht es hier geschrieben.
Unten schieben die Leute ihre Einkaufswagen durch die Gänge eines Großmarkts, über ihren Köpfen wird gerannt und geschwitzt. 55 Stufen sind es, dann steht man auf dem Platz der SG Blau Weiß Friedrichshain, mit kleiner Tribüne und Flutlichtmasten.
Geht die Sonne unter, wie in diesem Moment, dann weiß man, das hier oben ist kein normales Spielfeld.
"Ich glaube, das was den Platz ausmacht, ist auch dieses Offene", sagt Daniel Sporbert, Spieler und Vorsitzender von Blau Weiß Friedrichshain. Auf der einen Seite sehe man die Warschauer Brücke, auf der anderen den Fernsehturm.
"Und man hat auf der dritten Seite das Berghain, einer der bekanntesten Clubs der Welt, glaube ich, und auf der vierten Seite ist die S-Bahn, die in circa 30 Metern Luftlinie vorbeifährt und den Takt angibt."

Fans aus aller Welt besuchen den luftigen Fußballplatz

Der Bezirk Friedrichshain boomt, Wohnungen sind knapp und teuer, viele Schulen und Kitas müssen anbauen. Für neue Sportanlagen fehlen die Flächen. Den fast 19.000 Quadratmeter großen Platz verlegte man also in die Höhe, am Tage findet hier auch Schulsport statt.
Das Fußballfeld auf dem Dach zieht sogar sogenannte Groundhopper an. Fans also, die weltweit möglichst viele Fußballplätze besuchen wollen. Auch das motiviert, hier zu spielen, sagt Daniel Sporbert. Und wer den Ball über den zehn Meter hohen Zaun schießt, der ist auch mal länger auf der Suche.
Schufften auf dem Dach - Teilnehmer beim Crossfit Training in Berlin.
Schufften auf dem Dach - Teilnehmer beim Crossfit Training in Berlin.© Frank Ulbricht
Doch bei allem Spaß, so ein Platz, findet Sporbert, hat auch Nachteile. Ein Vereinsheim, wo alle gemeinsam Fußball schauen oder feiern können, das gebe es nicht. "Wir müssen dafür den Platz verlassen und woanders hingehen".
Szenenwechsel: Berlin-Kreuzberg, wieder auf dem Dach. In einer ehemaligen Brauerei wird Cross Fit trainiert. Eine Mischung aus Gewichtheben, Sprinten und Turnen. Die wichtigsten Utensilien sind alte Bekannte aus dem Schulsport: Springseile und Medizinbälle kommen zum Einsatz, dazu die sogenannten Kettlebells, früher auch als Kugelhanteln bekannt.

Nur für Schulsport und Vereine

Diese Gewichte schleppt gerade die Gruppe von Trainer Philipp Borgböhmer mit sich herum. Das besondere bei Black Sheep Athletics: Hier oben, mit Blick auf den Fernsehturm, gibt es auch eine Laufbahn. Einmal rum seien genau 100 Meter, erzählt der Trainer.
"Deswegen können wir die Workouts genau programmieren. Entweder laufen die Leute, so wie heute, mit zwei schweren Gewichten, wo man eben nicht so schnell laufen kann. Manchmal haben wir auch Workouts, wo sie eben Ausfallschritte machen müssen, einmal rum. Und so können wir genau sagen, heute sind es 200 Meter, 300 Meter, weil eben eine Runde 100 Meter hat."
Das Training unter freiem Himmel ist in diesem Fall vor allem ein zusätzliches Angebot für die Kunden. Ein Plus, das andere Fitnesshallen nicht bieten können. Sporttreiben auf Dächern, das kann man mittlerweile in vielen Städten, auch in Stuttgart oder München zum Beispiel. Erst in der letzten Woche wurde in London auf einem Bürogebäude eine neue Laufstrecke eröffnet. Für die Allgemeinheit sind diese Anlagen allerdings kaum zu nutzen. Zumeist sind sie für den Schulsport oder Vereinsmannschaften reserviert.
Sportplätze in der Höhe, auch wenn es spektakulär scheint, es sollte die Ausnahme bleiben, so David Kozlowski vom Landessportbund Berlin. Eine dauerhafte Lösung sei es nicht, den Sportler hätten – genauso wie alle anderen Akteure auch – ein Recht darauf sich im Freiraum zu bewegen und auch in der Natur zu sein.
"Das dürfen auch Sporttreibende Menschen machen, die müssen nicht verbannt werden auf Dächern."
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