Zwischen Luxusjachten und Cineasten

Von Bernd Sobolla |
Seit 1946 ist das Filmfestival in Cannes sowohl ein Ort für luxuriöse Feiern und Promi-Defilees als auch für die Erneuerung der Kino-Kultur. In den 50er und 60er Jahren machten dort die Nouvelle Vague und New Hollywood auf sich aufmerksam. Heute passiert künstlerisch Aufregendes allenfalls in den Nebensektionen.
Gilles Jakob: "Guten Tag, ich möchte Ihnen darüber berichten, wie dieses Festival vorbereitet wurde. Denn neben dem gewohnten Festival gibt es ja diesmal noch einen Geburtstag ... "

Auch Festivalpräsident Gilles Jakob schaute auf der offiziellen Pressekonferenz zunächst auf die Geschichte des Festivals, das eigentlich als Gegen-Entwurf begann. Denn die Idee zu den Filmfestspielen an der Cote d´ Azur wurde 1938 in Venedig geboren. Dort verließen die ausländischen Delegierten genervt vom faschistischen Tamtam die Filmfestspiele mit dem Ziel, ein neues Filmfestival zu gründen. Dieses neue Kino-Mekka soll in Cannes entstehen. Die Eröffnung ist bereits ein Jahr später geplant. Doch der II. Weltkrieg verhindert dies.

Erst 1946 ist dann Premiere. Da dem Festival aber 1948 und 50 das Geld fehlt, bleiben die Projektoren stehen, und das 60jährige Jubiläum hinkt heute etwas hinterher.

Schon in den Anfängen versucht sich das Festival am Spagat: Einerseits als Stätte für intensives Feiern auf Luxus-Yachten und in Edelhotels. Auf der anderen Seite die Cineasten, immer auf der Suche nach Filmemachern, die das Weltkino erneuern.

In den 50er und 60er Jahren ist es die "Nouvelle Vague", die dort auf sich aufmerksam macht. 1969 läutet Dennis Hopper mit "Easy Rider" das New Hollywood Zeitalter ein. Und in den 90er Jahren nimmt von Cannes aus die dänische Dogma-Bewegung ihren Kampf gegen das kommerzielle Kino auf.

Rückblickend erlebt Cannes in den 60er und 70er Jahren seine beste Zeit, als es vor allem ein europäisches Festival ist, auf denen die Werke von Bunuel, Fellini, Visconti, Godard, Antonioni oder Bergman gefeiert werden. Auch Schlöndorff und Fassbinder gehören dazu.

In den 80er und 90er Jahren sind es dann einerseits unabhängige amerikanische Regisseure, die das Festival prägen, wie die Coen-Brüder, David Lynch oder Steven Soderbergh; andererseits Asiaten wie Wong Kar-Wai oder Zhiang Yimou.

Noch heute steht Cannes durchaus für künstlerische Erneuerung, allerdings vor allem in den Nebensektionen. Ansonsten bewegt sich das Festival so manches Mal am Randes eines Skandals: Die Eigenwerbung für den Französischen Film ist oft peinlich. Und Eröffnungsfilme wie "Der da Vinci Code" im letzten Jahr wirken wie ein Kniefall vor Hollywood.