Zwischen Fiktion und Tatsachen
Keine Schriftstellerin der Moderne hat die Unterscheidung zwischen Autobiografie und Fiktion so weit aufgehoben wie Marguerite Duras. Dass all ihre Bücher, zumal ihre Weltbestseller "Der Liebhaber" und "Der Schmerz", auf Erlebtes zurückgehen, ist ebenso unbestritten wie die Tatsache, dass Marguerite Duras mit dem Wahrheitsgehalt erlebter Realität einen großzügigen Umgang pflegte und gelegentlich ihre Autobiographie beschönigte - beispielsweise ihre Rolle in der französischen Resistance betreffend.
Sie begann zu erfinden, sobald sie zu schreiben begann, egal ob sie Romane oder vorläufige Notizen zu Papier brachte. Eben dies wird durch die Veröffentlichung der sogenannten "Hefte aus Kriegszeiten" bestätigt, vier kleine Schreibhefte, die Duras in den Jahren zwischen 1943 und 1949 als Tagebücher benutzte und jahrzehntelang in ihrem "blauen Schrank", ihrem literarischen Geheimfach, aufbewahrte.
Wer diese Hefte liest, entdeckt indes kaum Geheimes, sondern umso mehr Bekanntes. Wie in einem Brennglas spiegeln sie sämtliche Motive, Themen, Sujets, die durch das Werk von Marguerite Duras kreisen: Die armselige, fatale Kindheit in Indochina, das politische Engagement gegen den Nationalsozialismus, das quälende Warten auf die Rückkehr des Ehemannes, den der spätere Staatspräsident Mitterand im Sommer 1945 aus dem KZ Bergen-Belsen herausholte und nach Frankreich brachte, der Tod des ersten Kindes kurz nach der Geburt.
Erstaunlich an diesen "Heften aus Kriegszeiten" ist nicht nur ihre episodische, sondern auch ihre stilistische Nähe zum eigentlichen literarischen Werk. Mögen die Hefte auch als Arbeitsbücher oder autobiografische Journale fungiert haben, lesen sie sich doch wie ausgearbeitete Geschichten mit Dialogen und Beschreibungen. So ermöglichen die vier Hefte einen Blick in die literarische "Fälschwerkstatt" von Marguerite Duras.
Rezensiert von Ursula März
Marguerite Duras: Hefte aus Kriegszeiten
Aus dem Französischen von Anne Weber
Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M. 2007
394 Seiten, 28.50 Euro
Wer diese Hefte liest, entdeckt indes kaum Geheimes, sondern umso mehr Bekanntes. Wie in einem Brennglas spiegeln sie sämtliche Motive, Themen, Sujets, die durch das Werk von Marguerite Duras kreisen: Die armselige, fatale Kindheit in Indochina, das politische Engagement gegen den Nationalsozialismus, das quälende Warten auf die Rückkehr des Ehemannes, den der spätere Staatspräsident Mitterand im Sommer 1945 aus dem KZ Bergen-Belsen herausholte und nach Frankreich brachte, der Tod des ersten Kindes kurz nach der Geburt.
Erstaunlich an diesen "Heften aus Kriegszeiten" ist nicht nur ihre episodische, sondern auch ihre stilistische Nähe zum eigentlichen literarischen Werk. Mögen die Hefte auch als Arbeitsbücher oder autobiografische Journale fungiert haben, lesen sie sich doch wie ausgearbeitete Geschichten mit Dialogen und Beschreibungen. So ermöglichen die vier Hefte einen Blick in die literarische "Fälschwerkstatt" von Marguerite Duras.
Rezensiert von Ursula März
Marguerite Duras: Hefte aus Kriegszeiten
Aus dem Französischen von Anne Weber
Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M. 2007
394 Seiten, 28.50 Euro