Zwischen Akzeptanz und Ablehnung

Von Carsten Probst · 07.03.2012
Die deutsch-irische Performance-Künstlerin Mariechen Danz lebt in Berlin und Los Angeles. Auf der Bühne zu stehen ist für sie der Versuch, dem Sprachlosen eine Sprache zu geben. Die Bremer Gesellschaft für Aktuelle Kunst zeigt nun eine erste Einzelausstellung.
Manche Leute trainieren lange dafür, so locker singen zu können wie Mariechen Danz, ihre leicht rauchige Stimme würde schon für eine Karriere mit gefälligen Popsongs ausreichen. Und es gibt auch Leute, die viel dafür geben würden, deutsch und englisch auf so natürliche Weise durcheinander zu sprechen, wie es bei Mariechen Danz klingt, dank ihrer zweisprachigen Herkunft mit deutschen Vater und irischer Mutter, aufgewachsen in Dublin, seit der zweiten Hälfte der neunziger Jahre lebt sie in Berlin und Los Angeles. Der zweisprachige Mix-Up, das Verwirrende und leicht Fehlerhafte gehört bei ihr auch zum künstlerischen Konzept, das sich bei weitem nicht nur im Singen von Popsongs erschöpft.

"Ich bin okay damit ( ... ), dass sehr viel Verwirrung und Fehler passieren in dem Prozess und vor allem dann dargestellt wird in der Performance, ( ... ) weil das encapsulated und unterstreicht auch die Verwirrung in dem Wahrnehmen von worüber ich überhaupt spreche, mit der Kommunikation. Diese perception. Dann funktioniert´s nicht, worüber ich rede, dann funktioniert´s noch mehr. Dadurch wird noch mehr unterstreicht durch meine eigene Verwirrung ( ... ) mit dem Stoff selbst."

Die Übergänge aus Installation, Living Sculpture, theatralischer Darbietung und Musik sind fließend, wofür es in Deutschland bislang keine richtige Tradition gibt. Man greift also zu Hilfsbegriffen. Mariechen Danz selbst kann die Bezeichnung als Performance Artist nicht mehr hören, zu sehr wird dabei unterschlagen, dass gerade die Musik und auch die Performances eher Endresultate ihres zeichnerischen und installativen Werkes sind und ihres Interesses an den Machtstrukturen in der Rezeption. Auf der Bühne zu stehen und zu singen oder zu sprechen ist für sie kein Selbstzweck, sondern frei nach der Philosophie eines Michel Foucault der Versuch, dem Sprachlosen eine Sprache zu geben.

"...die Bühne zu nehmen und was zu erklären oder darzustellen, was gar keine Position vielleicht bekommt, das auf dieser Bühne zu machen."

Ähnlich verhält es sich mit den Pop-Einlagen, die Mariechen Danz dazu nutzt, die direkte Reaktion des Publikums herauszufordern. Mal gibt sie bei Performances eher unartikulierte Laute von sich, lässt ihr Spiel ins Chaos kippen, an das sich eingängigere Passagen anschließen, um dann erneut wieder ins Chaotische zurückzusinken.

"Ich hab gemerkt einfach bei den Performances, ( ... ) wo ich diesen Gesang mache, der sehr anstrengend ist, diese eher Töne und das Abstrakte, dass es auch anstrengende Reaktion bekommt von the audience und es auch abgelehnt wird. Und wenn ich englisch singe mit Melodie, dass die Leute denken, sie verstehen's auch, auch wenn sie nicht einmal wissen, was ich sage, die akzeptieren es, es ist automatisch in diesem Format mit drin. Und das ist Ziel dieser Performances, immer hin und her zu springen zwischen dieser Akzeptanz und Ablehnung".

Die Lieder sind durch die Kunst gekommen und nicht umgekehrt, sagt Mariechen Danz. Also nicht wie bei Björk, die für ihre Musikvideos die Zusammenarbeit mit Künstlern sucht, um dem Eingängigen des Pop eine experimentelle Note zu geben. Danz verzichtet auf avantgardistische Klänge, alles bettet sich für sie ein in eine Art offenes Gesamtkunstwerk, durchaus mit modernistischen Bezügen zum totalen Theater Artauds oder zur surreal-burlesken Figur des maßlosen, fetten Tyrannen König Ubu von Alfred Jarry, die Danz zu einer Maskerade mit einem gewaltigen Bauchkostüm inspiriert hat.

"Tyrannenfigur ist eine riesige Inspiration für mich, weil das erlaubt diese Position von Beklagen und Fordern in Bezug auf Reden und Position einnehmen. ( ... ) das ist so wie eine Plattform, die ( ... ) find ich gut zu benützen, und das war das erste übertriebenste Beispiel davon, ( ... ) dieses riesige Fett-Kostüm, diesen mächtigen Menschen darzustellen, aber das Kostüm selbst ist bedeckt mit Zeichnungen von Vier- bis Achtjährigen in LA, ( ... ... ) das ganze Kostüm mit all den Arbeiten ( ... ) die haben meistens Bilder auf sich drauf, damit ich die Sachen an mir habe wie ein zweiter Körper, wo die ganze Geschichte passiert."

Der von Sprache bedeckte Körper; Kostüme aus Pergamenthaut, auf denen die anatomischen Innereien eingezeichnet sind; atavistische Tanzriten und Hieroglyphen; unendlicher Mix der alten und jungen Kulturen. Und nicht wenige finden in ihrer Beschäftigung mit Sprache, Körper und Macht die Theoreme Michel Foucaults wieder, was sie auch gar nicht leugnet. Und doch gilt ihre Konzentration dem Moment, der direkten Bezugnahme auf das Publikum, wenn sich Sprache in konkrete, körperliche Aktion verwandelt, die mit Worten kaum zu fassen ist:

"Was auch funktioniert sehr gut bei den Kostümen, die einen eigenen Körper bekommen, ist, dass die Leute auch anders damit kommunizieren können als mit Skulpturen, wo man Sachen nicht anfassen darf und solche Sachen. Ich hab Kostüme, wo man Bilder auseinandernimmt öfters, dann kommen Leute und halten das auseinander, und dann gibt es eine Art interaction, die viel intimer ist."

Noch bis zum 3. Juni ist die Einzelausstellung von Mariechen Danz in der Gesellschaft für Aktuelle Kunst Bremen zu sehen.