Zweiklassengesellschaft in Kalifornien

Willkommen im Luxusknast

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Nahaufnahme der Beine und Schuhe eines Gefangenen in seiner Zelle.
Relativ gemütlich – zumindest im Vergleich mit anderen Haftanstalten – sind amerikanische Selbstzahlgefängnisse. © AFP / Getty Images North America / Andrew Burton
Katharina Wilhelm im Gespräch mit Susanne Balthasar · 30.10.2021
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Wer in Kalifornien in den USA ins Gefängnis muss und das nötige Geld hat, kann sich wesentlich bessere Bedingungen kaufen als in normalen Haftanstalten. Ein deutliches Beispiel für das unfaire US-Justizsystem, sagt Journalistin Katharina Wilhelm.
Vor dem Gesetz sind alle gleich, ist eigentlich der Grundsatz eines Rechtsstaats. Kalifornien macht da aber eine Ausnahme. Wer hier zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wird, kann seine Strafe in einem komfortableren Gefängnis absitzen – gegen einen Aufpreis. "Pay to stay" heißt das, also: bezahlen, um zu bleiben. 26 solcher Privatgefängnisse gibt es allein rund um Los Angeles. Das Geschäft scheint zu florieren.
Wie in einem Hotelzimmer lebe man in so einem Bezahlgefängnis zwar nicht, sagt Katharina Wilhelm, ARD-Korrespondentin in Los Angeles. Aber: "In jedem Fall besser als ein herkömmlicher Knast hier, vor allem in den USA."

In der Regel ohne Gangs

Einige dieser Gefängnisse hätten Einzel- oder Doppelzellen. Bei manchen gebe es ein eigenes Telefon, einen eigenen Fernseher mit Kabel-TV oder einen kleinen Außenbereich, indem man dann auch Sport treiben kann. Der größte Vorteil sei aber: "Es sind kleinere Gefängnisse, die normalerweise nur Leute aufnehmen, die keine schweren Verbrechen begangen haben. Das bedeutet, es gibt dort in der Regel keine Gangs."
Die Insassen seien meist Menschen, die zum Beispiel betrunken Auto gefahren sind, die vielleicht ihre Knöllchen nicht bezahlen konnten. Die Journalistenorganisation The Marshall Project habe aber herausgefunden, dass viereinhalb bis fünf Prozent der Insassen für schwere Verstöße säßen, darunter sexuelle Belästigung, häusliche Gewalt oder auch Besitz von Kinderpornografie.
Vor Gericht könnten Angeklagte einen Deal mit dem Richter aushandeln, zum Beispiel ihre Schuld gestehen und anbieten, dass sie ihren Gefängnisaufenthalt selbst bezahlen. Die Entscheidung darüber treffe die Richterin oder der Richter.

Frage nach Fairness und Sinnhaftigkeit

Diese "Pay to stay"-Gefängnisaufenthalte seien "ein deutliches Beispiel dafür, wie unfair das Justizsystem in den USA agiert" und zeigten die Zweiklassengesellschaft auf sehr krasse Art und Weise, erklärt Wilhelm. Deshalb sei es auch sehr schwierig gewesen, Interviewpartner bei den Privatgefängnissen zu finden. Meist seien das städtische Gefängnisse, manchmal auch sogenannte County Jails.
Außerdem sei zu bezweifeln, ob ein solcher Gefängnisaufenthalt Menschen davon abhält, Straftaten zu begehen, so Katharina Wilhelm.
(abr)
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