Zusammenstoß der Kulturen

Von Oliver Seppelfricke |
Die Kreuzfahrer waren aufgebrochen, um das Heilige Land zu erobern. Dass es aber neben kriegerischen Konfrontationen auch einen kulturellen Austausch gab, zeigt die Ausstellung "Saladin und die Kreuzfahrer" in den Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen. 300 kostbare Exponate lassen den Besucher in die Welt des Orients zur Zeit des Mittelalters eintauchen.
Die Ausstellung in den Mannheimer Reiß-Engelhorn-Museen inszeniert den Zusammenprall der Kulturen von Ost und West anhand zweier Leitfiguren. Da ist auf der einen Seite Saladin, der Sarazenenkönig. Der Jerusalem eingenommen hatte und wieder einmal unter arabische Herrschaft brachte. Und da ist auf der anderen Seite Richard Löwenherz. Der englische König, der 1189 den dritten Kreuzzug zur Befreiung der Stadt anführte. Zwei äußerst emblematische Figuren. Meint Prof. Alfred Wiezcorek, der Kurator der Schau:

"Beide haben sich respektiert. Aber beide sind auch diplomatische Genies gewesen. Genauso wie sie auch große Schlächter gewesen sind. Das darf man nicht vergessen. Massaker hat es sowohl auf der Seite von Saladin gegeben wie auch auf der Seite von Richard Löwenherz. Man darf nicht den Fehler machen, diese Zeit und diese Menschen der damaligen Zeit jetzt zu glorifizieren und zu sagen: Das sind jetzt die Vorbilder für unsere Gegenwart. Das sind sie zweifellos und sicherlich nicht. Aber dennoch ist ein kleiner Hoffnungsschimmer da, dass man sich im gegenseitigen Respekt auch wiederum verständigen kann. Bei allen Unterschieden und Schwierigkeiten, die eben da sind. Und das ist die Geschichte, die wir hier auch gerne erzählen wollen. Nicht nur das Gegeneinander, sondern auch die Möglichkeit des Miteinander."

Die Ausstellung zeigt mit 300 äußerst kostbaren und prunkvollen Leihgaben, die zum Teil erstmals in Europa zu sehen sind, den Zusammenstoß der Kulturen. Es gibt viele einzigartige Kunst- und Kulturwerke zu sehen. Arabische Elfenbeinschnitzkunst mit Zahlenschlössern und mit Schriftzeichen aus dem Koran. Weitere Schmuck- und Ziergegenstände, die die hochentwickelte arabische Lebenswelt darstellen. Sowie Kunsthandwerk aus dem christlichen Europa. Wie Reliquiare aus Gold, Silber oder Bronze, Ritualgegenstände wie Leuchten oder Schalen. Eine spannende Begegnung. Prof. Alfred Wiezcorek:

"Es ist in erster Linie eine Auseinandersetzung zwischen Religionen gewesen. Dieses ist auch von den Menschen ganz klar so empfunden worden. Auf dem kulturellen Sektor hat es aber bemerkenswerte Austauschmöglichkeiten gegeben, es hat Verbindungen gegeben. Es hat auch Verständigung gegeben. Und es hat gegenseitige Beeinflussung der Kultur gegeben. Wobei der Anteil der positiven Beeinflussung aus dem islamischen Bereich in den sozusagen christlich-westlichen Kontext stärker gewesen ist als umgekehrt."

Der Sarazenenfürst Saladin war freilich nicht ganz jene tolerante und weise Figur, als die ihn Lessing 600 Jahre später in seiner berühmten "Ringparabel" darstellte. Freilich ließ er die Bürger belagerter Städte abziehen, ohne sie zu töten. Jedoch nur gegen Lösegeld. Und auch seine Toleranz gegenüber den Christen war nicht ohne Eigennutz: Als die Union der Christen im inneren Streit zerfiel, hielten viele Gruppierungen zu Saladin. Der ihnen Bürgerstatus und freie Religionsausübung gewährt hatte. Prof. Alfred Wiezcorek:

"Er ist eben in erster Linie vor allem ein hervorragender Diplomat gewesen. Nicht nur ein Feldherr. Aber er ist auch ein Kind seiner Zeit mit all der Brutalität und dem brutalen Abschlachten, das es auf Kreuzfahrerseite wie aber auch auf Saladins Seite stets gegeben hat. Massenhinrichtungen gehörten nicht gerade zur Tagesordnung, aber jedes Jahr hat es irgendwie so etwas leider dann auch gebeben."

Die sieben Kreuzzüge, die sich über gut 350 Jahre hinzogen, waren freilich eine Reaktion. Die Reaktion auf die Einnahme abendländischer Gebiete durch die Mauren, die über Nordafrika bis nach Spanien und Südfrankreich gekommen waren. Beide Parteien beriefen sich bei ihren Streitigkeiten auf ihren Gott. Sahen ihren Krieg als "gerechten", als "heiligen Krieg". Doch worauf waren die Eroberungszüge der Mauren eine Reaktion? Man könnte wohl endlos in der Geschichte zurückgehen, ohne je einen rechten Anfang dieses Konflikts zu finden. Eines steht jedoch fest: Bis heute sind die Narben dieses Ost-West-Konflikts sichtbar!

"Der schwierige Moment mit dem Überfall 2001 auf amerikanische Städte und Institutionen ist sozusagen der erste große Einbruch, der uns Jahre zurückgeworfen hat und es auch fast unmöglich gemacht hat in den Folgejahren, Materialien aus der Region für unsere Ausstellung herüberzubekommen. Und letztlich sind wir auch danach mit dem Irak-Krieg in ein schwieriges Fahrwasser gekommen und in den Verhandlungen der vergangenen Jahre Forderungen auch immer wieder an uns gestellt wurden, die wir zurückweisen mussten. Zum Beispiel dass man Geschichtsklitterung betreibt. Dass eine Seite der festen Überzeugung war, man müsse ganz klar deutlich darstellen, dass Saladin ein Araber gewesen ist und nicht ein Kurde. Wie er es nun tatsächlich einmal war. Das ist in manchen Ländern nicht gern gehört. Aber das ist nun einmal historische Faktenlage. Und deshalb müssen wir die Faktenlage auch benennen."

Service: Die Ausstellung "Saladin und die Kreuzfahrer" ist vom 23.Juli bis 5. November 2006 zu sehen.