Zurück zur Natur

Von Thomas Wagner · 19.07.2009
Bergwandern, Kanu fahren, Trekking, Zelten in unwegsamem Gelände: "Outdoor" ist in und bringt der zugehörigen Branche europaweit jährlich Milliardenumsätze. Auf der 16. Europäischen Fachmesse "Outdoor" in Friedrichshafen zeichnet sich dabei ein Trend ab: auch bei Bekleidung und Materialien heißt es jetzt: "Zurück zur Natur".
Hier müssen die Messebesucher schon ganz genau hinschauen: Klaus Peter Klaus hält ihnen einen winzigen Seidenkokon unter die Nase, der so ähnlich aussieht wie ein kleiner Wattebausch.

"Wir haben hier einen Seidenkokon. Und diesen Seidenkokon haben wir jetzt etwas angewässert, damit er etwas leichter wird. Wir haben jetzt gerade einen ganz, ganz hauchdünnen Seidenfaden abgewickelt gerade vom Kokon. Der ist ganz winzig, mit dem bloßen Auge kaum sichtbar. Und dieser Faden wird zu fünf Fäden zusammen gedreht. Und aus diesem Faden entstehen unsere Seidenprodukte."

Die Seide, die das neuseeländische Unternehmen Silkboy auf der europäischen Fachmesse Outdoor präsentiert, dient als Material für T-Shirts und dicke Regenjacken gleichermaßen. Dazu verwendet der Hersteller eigens gezüchtete Maulbeerspinner. Wenn sich die Raupe verpuppt, spinnt sie einen etwa drei Kilometer langen Seidenfaden. 100 solcher Kokons reichen für ein T-Shirt aus. Die Natur, findet Hersteller-Sprecher Klaus Peter Klaus, könne sich immer noch am besten an schnell schwankende Wetterlagen anpassen.

"Wir können hier mit der Seide sehr dünne Materialien fertigen, die sehr Temperatur ausgleichend sind. Besonders in heißen Ländern kann man die Materialien benutzen, denn sie haben einen sehr kühlenden Effekt. Und bei sehr kalten Temperaturen hat die Seide trotz des niedrigen Gewichtes immer noch eine sehr hohe Temperaturleistung, also einen wärmenden Effekt. Und auch zum Beispiel Allergiker oder auch Personen, die sehr unterschiedlich auf verschiedene Materialien reagieren, haben hier eine sehr niedrige Schwelle."

Mit ihrer Outdoor-Bekleidung aus superdünnen Seidenfäden liegt das neuseeländische Unternehmen voll im Outdoor-Trend. Moderne Outdoor-Bekleidung muss nämlich drei Anforderungen genügen - und die lauten: Möglichst geringes Gewicht, möglichst hohe Funktionalität, und möglichst naturnah:

"Jeder möchte mit der Natur verbunden sein, draußen sein. Und da gibt es nicht Schöneres, wie wenn man die Natur nicht auch auf dem Körper trägt."

sagt Götz Braun von Meier-Sports aus Köngen bei Stuttgart. Auch an seinem Messestand sehen die Besucher T-Shirts und Outdoorjacken, die die nächste Tour ins Gebirge angenehmer machen sollen. Und auch sein Unternehmen rühmt sich, Abfallprodukte aus der Natur zur Herstellung von Outdoor-Funktionskleidung zu nutzen.

"Wir arbeiten hier mit High-Tech-Fasern. Und wir haben jetzt ganz neue Fasern, die so genannten S-Café. Die entstehen aus dem Kaffeesatz. Die bekommen wir von einem namhaften Kaffeehersteller aus Amerika und gewinnen diesen Kaffeesatz und arbeiten den in einen Polymarid-Brei mit ein. Und das ergibt dann das Garn, aus dem wir unsere Hemden nähen."

Damit schlägt der Hersteller gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe: Basis für die Produktion ist zum Teil Recycling-Material. Dies komme, sagt der Hersteller, der Umwelt zugute. Daneben haben die Fachleute im Kaffeesatz aber einige Eigenschaften entdeckt, die genau auf die Anforderungen funktionaler Outdoor-Bekleidung passen:

"Kaffeesatz hat Funktionen wie Schnelltrocknen, einen hohen UV-Schutz und ganz wichtig, es wirkt antibakteriell, das heißt Geruch hemmend. Genauso wie Silber eine antibakterielle Wirkung hat, hat auch Kaffeesatz eine solche antibakterielle Wirkung. Und das vermindert die Bakterienvermehrung auf der Haut und verringert dann auch Geruch. Jeder freut sich, wenn man das Hemd an hat und schwitzt, dass man nicht gleich riecht."

Mit dieser Idee ist der schwäbische Unternehmer aber nicht alleine: Auf dem Messegelände zeigen die Aussteller Garne, die aus recyelten PET-Getränkeflaschen gefertigt werden. Ein schwedischer Hersteller präsentiert als Neuheit Rucksäcke, die zu 100 Prozent aus alten Fischernetzen und Messeteppichen entstanden sind. Outdoor-Bekleidung - und -zubehör soll möglichst naturnah und nachhaltig sein, lautet die Botschaft. Denn immer häufiger fragen die Kunden, wie die Jacken und T-Shirts entstanden sind. Nachhaltige, umweltgerechte Fertigung sei ein Marketingvorteil, sagen die Hersteller.

Doch so ganz ohne Kunststoff geht es eben nicht: Spezialbekleidung, die gegenläufigen Anforderungen gerecht werden muss, besteht nach wie vor aus Kunstfasern. Die Outdoor-Kappe mit so genannter "Wüstenfuchs-Funktion" ist dafür ein gutes Beispiel. Mathias Durisch vom Hersteller X-Technology aus dem Schweizerischen Wollerau:

"Also, es hat vor allem ein spezielles Garn drin, das Cytanid-Garn, bestehend aus unserer Wüsten-Fuchs-Technologie. Das ist ein Garn, das Hitzestrahlen reflektieren kann. Das sieht sehr metallisch glänzend aus. Das heißt: Man nimmt während dem Sport oder in warmen Gegenden bis zu 30 Prozent seiner Körperwärme von außen auf. Und unser Ziel ist es, den Körper immer auf eine optimale Leistungstemperatur von 37 Grad zu halten."

Um diese Ziele zu erreichen, haben die Ingenieure auf die Kunstfaser eine dünne Metallschicht aufgedampft. Die sorgt für die Reflektion der Wärmestrahlung. Und wenn's ins Kalte geht? Auch dafür ist vorgesorgt. Hier ist eine weitere Kunststoff-Faser in das Gewebe eingearbeitet. Mathias Durisch:

""Das sind dann dreidimensionale Strickstrukturen, die kleine Luftkammern einschließen, die als Isolation wirken. Das funktioniert so ähnlich wie bei diesen Sanitätsdecken, den Aludecken, die die Wärme des Körpers wieder zum Körper zurück reflektieren."