Zurück in die Antike

Von Georg Gruber |
Wilhelm Koch hat ein großes Ziel: Er möchte seinen Geburtsort Etsdorf weit über die Oberpfalz hinaus bekannt machen. Dazu errichtet er in Ortsnähe einen Beton-Tempel nach griechischem Vorbild.
Es kann ganz schön windig sein auf dem "alten Berg", am Ortsrand von Etsdorf. Dort soll sie stehen, die Glyptothek.

"Unser Grundstück ist 11.000 qm groß und hier in der Mitte sieht man schon die Grundfläche des Tempels, diese gut 15 auf 30 Meter. Und hier hat man eine sehr schöne Aussicht sowohl auf das Etsdorf, als auch auf den Ausläufer des Oberpfälzer Hügellandes. Und man sieht auch die Autobahn, die in etwa ein Kilometer Entfernung vorbei läuft. Wenn man von Osten kommt, wird man also auch dieses Gebäude sehen."

Ein griechischer Tempel in der Oberpfalz, in der bayerischen Provinz? Wäre der Mann hinter dem Tempelbau nicht Wilhelm Koch, dann könnte man das Ganze leicht als Spinnerei abtun. Doch Wilhelm Koch, 1960 in Etsdorf geboren, hat schon öfters von sich Reden gemacht: Mit einem "Asphaltsee", aus 60 Tonnen heißem Gussasphalt, mit riesigen Skulpturen aus LKW-Schläuchen und mit dem weltweit einzigen "Luftmuseum" nicht weit entfernt von Etsdorf, in Amberg.
Der Tempel, ein Säulenbau, der dem Aphaia-Tempel auf der griechischen Insel Ägina nachempfunden ist, soll vollständig aus Beton sein. Nur der Innenraum soll Wände aus Glas haben, erklärt der Künstler im eigens eingerichteten Tempelmuseum in der ehemaligen Etsdorfer Grundschule:

"Das Museumskonzept ist so gedacht, dass wir vor allem den Laien und auch Jugendliche ansprechen, fast kein Mensch beschäftigt sich mehr mit der Antike, und so soll auch ein Ort geschaffen werden, wo man auch den Laien begeistern kann, für das, was die Leute vor zweieinhalbtausend Jahren an Ästhetik geleistet haben, an Baukultur, an Philosophie, an Kultur im Allgemeinen – ja, soll ein spannender kleiner Ort werden."

In seinem Atelier gegenüber der Schule stehen neben Modellen auch Kreissäge, Bohrmaschine und Schweißgerät. Wilhelm Koch ist einer, der auch selbst Hand anlegen kann, mittelgroß, die schwarzgrauen Haare lichten sich bereits. Er fällt auf - nicht durch sein Äußeres, sondern durch seine Ideen, seine Tatkraft, sein Durchhaltevermögen und durch seine Gabe, andere Menschen für seine Projekte zu begeistern, die er dann ohne öffentliche Gelder umsetzt. Wie eben jenes Luftmuseum in Amberg:

Auf 650 qm verteilt über drei Stockwerke werden Luftkunstobjekte ausgestellt, wie beispielsweise ein "fliegender Teppich", hellblau, der sich auf Knopfdruck etwa 10 cm in die Lüfte erhebt, von unten angeblasen oder eine "Luftdusche", unter die man sich stellen kann – was sich dann so anfühlt, als würde man den Kopf aus einem Zugfenster raus halten, bei voller Fahrt. Objekte, die er selbst geschaffen hat, dazu kommen wechselnde Sonderausstellungen international bekannter Künstler. Finanziert allein durch Eintrittsgelder und Spenden.

Wilhelm Koch, Künstler und Visionär - vier Geschwister hat er, keiner macht was mit Kunst, er ist da ein bisschen aus der Art geschlagen.

"Mein Vater war Bierfahrer, meine Mutter Hausfrau, mein Vater war aber auch Bastler, Bauer und exzessiver Imker, meine Mutter hat gezeichnet ab bisschen."

Sein Lieblingsmedium hat Koch schon früh gefunden, die Luft. Aus ineinander verschlungenen LKW-Schläuchen formte er bereits in den 80er-Jahren riesige Skulpturen. Später entdeckte er andere elementare Materialien für sich: den Asphalt, nicht nur für jenen See in München. Auf einem Hügel am Waldrand nahe Etsdorf steht eine kleine Kapelle, errichtet von ihm, ebenfalls aus Asphalt. Und nun eben: der Beton-Tempel. Gegen die Politikverdrossenheit, wie er sagt, als Symbol für über 2000 Jahre Demokratie. Die Idee stieß anfangs nicht überall auf Gegenliebe. Der Pfarrer war dagegen, der Bund Naturschutz und auch so mancher Bauer hatte Bedenken, erinnert sich Norbert Probst (CSU) seit 20 Jahren Bürgermeister der Gemeinde Freudenberg, zu der auch Etsdorf gehört – und selbst ein Befürworter der Glyptothek.

"Tradition, Kultur, Brauchtum in Bayern verträgt sich nicht mit einer griechischen Kultur, das ist der Hauptpunkt, nicht das Objekt als solches, die sagen, gut, wenn es so was gibt, dann da wo es hinpasst, aber nicht in unsere Landschaft oder Region."

Solche Diskussionen gehören für Koch schon mit zum Projekt. Trotzdem erstaunlich, woher er die Energie nimmt, dran zu bleiben, weiter zu machen, über Jahre.

"Ja, wenn man keinen Sport macht, hat man ganz viel Zeit."

In Etsdorf stehen sie nun mehrheitlich hinter dem Projekt und helfen mit. Klar ist dabei auch, dass er wohl nur deshalb soweit gekommen ist, weil er selbst ein Etsdorfer ist. Das kleine Bauerndorf war immer sein Lebensmittelpunkt, auch während des Studiums an der Kunstakademie in München und an der Städelschule in Frankfurt.

Der Beton-Tempel soll, so hofft Koch, in zwei bis drei Jahren fertig sein. Geschätzte Baukosten: 1 Million Euro. Auch wenn er die noch nicht zusammen hat, der Tempel ist kein Luftschloss, soviel ist klar. Der Bürgermeister:

" Wer den Willi Koch kennt, weiß, dass er es schafft. Also ich trau dem Willi Koch viel zu."