Zurück aus der Ukraine

    "Stetig steigende Bedrohung"

    Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) unterhält sich am 03.05.2014 auf dem militärischen Teil des Flughafens Berlin-Tegel in Berlin den Leiter der freigelassenen deutschen OSZE-Inspektoren, den deutschen Oberst Axel Schneider. Schneider und weitere Beobachter wurden seit dem 25. April in der Ukraine festgehalten und am Morgen des 03. Mai 2014 freigelassen. Foto: Bernd von Jutrczenka
    Verteidigungsministerin von der Leyen und OSZE-Inspektor Axel Schneider auf dem Flughafen Berlin-Tegel © dpa - Bernd von Jutrczenka
    04.05.2014
    Nach der Rückkehr der Militärbeobachter aus der Ukraine hat ihr Leiter, Bundeswehroberst Axel Schneider, die Bedrohungslage in Slawjansk beschrieben. Während ihrer Entführung habe sie sich ins "Unermessliche" gesteigert, sagte Schneider.
    Nach der Rückkehr der drei entführten deutschen Militärbeobachter und ihres Übersetzers nach Deutschland hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) die Männer am Flughafen in Berlin-Tegel begüßt und sich erleichtert über die Freilassung gezeigt. Zugleich wies sie Vorwürfe zurück, die Mission unter Leitung von Bundeswehroberst Axel Schneider sei zu riskant gewesen. Die Bundesregierung dürfe sich "nicht einschüchtern lassen".
    "Die Anspannung war enorm"
    Auch Schneider zeigte sich erleichtert. "Von uns fällt im Moment ein beträchtlicher Druck", sagte der Bundeswehroberst laut einem Mitschnitt, den der Presse- und Informationsstab des Verteidigungsministeriums am Samstag veröffentlicht hatte. Das Tondokument war am Samstagnachmittag wenige Stunden nach der Freilassung auf dem Flug von Donezk nach Kiew aufgenommen worden. "Die Anspannung war enorm", sagte Schneider weiter. Zwar seien er und seine Beobachtergruppe von den russland-freundlichen Separatisten gut behandelt worden, jedoch hätten sie eine "stetig steigende Bedrohung" gespürt. Dies hätte mit der "politischen Ausschlachtung unserer Lage" und der "Operation gegen die Separatisten" zu tun gehabt, sagte Schneider. Nach Beginn der jüngsten Offensive von Regierungseinheiten gegen pro-russische Kräfte am Freitag sei "das Feuer von Handwaffen und von Artillerie immer näher" gekommen. Das habe sich ins "nahezu Unermessliche" gesteigert.
    Die vier Deutschen sowie drei weitere Militärbeobachter aus Polen, Tschechien und Dänemark waren am Samstagabend aus der Ukraine ausgeflogen worden. Fünf Ukrainer, die das Inspektorenteam begleitet hatten, waren von der Bundeswehrmaschine in Kiew abgesetzt worden. Ein kranker Schwede war schon vor einigen Tagen freigekommen. Von der Leyen hatte die Männer in Berlin zusammen mit ihren Kollegen aus Tschechien und Dänemark, Martin Stropnicky und Nicolai Wammen, in Empfang genommen. Sie sei "erfüllt von großer Erleichterung", sagte von der Leyen. "Das hatten wir gestern Abend so nicht gedacht", ergänzte Schneider.
    Seit Samstag wieder in Freiheit
    Nachdem sie mehr als eine Woche in der Gewalt pro-russischer Milizen gewesen sind, waren die sieben Militärbeobachter am Samstagmorgen freigelassen worden. Die OSZE hatte die Freilassung per Twitter am späten Vormittag bestätigt. Zunächst hatte Russland eine entsprechende Mitteilung gemacht: "Die Volkswehr ließ alle auf meiner Liste stehenden zwölf Personen frei", sagte der russische Sondergesandte Wladimir Lukin der Agentur Ria Nowosti.
    Gegen 8.30 Uhr deutscher Zeit habe es endlich Gewissheit gegeben, berichtet Deutschlandradio-Korrespondent Florian Kellermann. Auch die fünf ukranischen Soldaten, die das Beobachterteam begleitet hatten, seien wieder frei. Lukin, so Kellermann weiter, habe gesagt, dass die Separatisten keine Bedigungen für die Freilassung gestellt hätten. Sie hofften darauf, dass diese Geste das Blutvergießen in der Ost-Ukraine beenden könne.

    Wie das Auswärtige Amt in Berlin mitteilte, waren die Männer bereits am Mittag in sicherer Obhut der OSZE und des Unterstützungsteams der Bundesregierung und sollten über Donezk nach Kiew und von dort in ihre Heimatländer gebracht werden.
    (dma)

    Die OSZE in der Ukraine

    Im Auftrag der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sind derzeit Militär- und zivile Beobachter in der Ukraine im Einsatz.

    Die OSZE beschloss am 21. März mit der Zustimmung aller 57 Mitgliedsstaaten - also auch Russlands - einen zivilen Beobachtereinsatz in der Ukraine. Diese Mission begann einige Tage später. Etwa 100 Beobachter sind vor allem im Osten und Südosten der Ukraine tätig, sechs weitere in der Hauptstadt Kiew.

    Parallel dazu sind Militärbeobachter auf bilateraler Basis in die Ukraine entsandt worden. Grundlage für den Einsatz ist das sogenannte Wiener Abkommen. Es wurde 1990 beschlossen und gilt in den 57 OSZE-Staaten vom Atlantik bis zum Ural. In ihm sind Mechanismen verankert, die das Risiko einer militärischen Konfrontation verringern und mehr Vertrauen zwischen den Mitgliedsländern schaffen sollen.

    Während Russland dem zivilen Einsatz zustimmen musste, war dies bei der Mission der militärischen Inspektoren nicht der Fall. Es sind Mitglieder dieser militärischen Mission, die seit Freitag, 25. April, von Separatisten festgehalten werden. Unter ihnen sind drei Bundeswehroffiziere und ihr Dolmetscher. Sie waren auf Einladung der Ukraine im Land und waren unbewaffnet. Deutschland führt den Einsatz, ein Oberst der Bundeswehr ist Chef der Inspektorengruppe.

    Die ersten Inspektoren wurden Anfang März in die Ukraine geschickt, als sich die Situation auf der Krim zuspitzte. Die damals 51 Offiziere aus 28 Staaten sollten eigentlich die Lage auf der Halbinsel überprüfen, wurden aber nicht dorthin durchgelassen. Mit der Eingliederung der Krim in das russische Staatsgebiet Ende März verlagerten die Inspektoren ihren Einsatz in den Osten und Süden der Ukraine. Die Bundeswehr entsandte mehrfach Offiziere in die Inspektorenteams.

    Die deutschen Beobachter, auch der Dolmetscher, stammen vom Zentrum für Verifikationsaufgaben der Bundeswehr im nordrhein-westfälischen Geilenkirchen. Dort gibt es 140 Militärbeobachter, die speziell für solche Einsätze ausgebildet sind.