Zur Rede Horst Köhlers zum 8. Mai 2005
Stolz und selbstbewusst, aber stets demütig, sich eigener Fehlbarkeit immer bewusst - dass sich Deutschland heute so der Welt präsentieren kann, verdanken wir den Demokraten unter den Siegermächten. Sie gaben uns nach dem 8. Mai 1945 eine zweite Chance, verpflichteten uns zum Erfolg und die Nachkriegsgenerationen haben sie genutzt.
Der Bundespräsident würdigte in seiner Rede zum heutigen 60. Jahrestag des Kriegsendes all die, die die Aufräumarbeit geleistet haben, vor allem die in die Irre geleiteten Köpfe durchlüfteten und den Unrat darin beiseite schafften, nicht per Dekret, sondern mit ernsthafter Auseinandersetzung. Es war ein langer Weg, an dessen Anfang Millionen unschuldiger Opfer lagen.
Heute zeigt sich, dass jeder Streit, jeder Zwist, auch jedes Aufbegehren gegen Denkverbote bei der Auseinandersetzung mit unserer Geschichte wichtig und richtig gewesen ist. Denn wer ehrlich und kritisch mit seiner Geschichte umgeht, schafft die Basis für eine stabile Demokratie.
Dass wir heute von einem Tag der Befreiung sprechen können, war vor 20 Jahren noch keineswegs selbstverständlich. Bundespräsident Richard von Weizsäcker erntete 1985 noch Stürme der Entrüstung dafür, in Ost und West.
Weder fühlten sich die besiegten Deutschen befreit, sondern vielmehr ausgelaugt, schrecklichen Erinnerungen und neuen Qualen ausgesetzt, noch ähnelte das Regime in der sowjetischen Besatzungszone und späteren DDR auch nur im entferntesten einer Befreiung oder gar Freiheit.
Heute, da das vereinte Deutschland tatsächlich frei lebt, wandelt sich der Blick. Es ist ein Blick zurück auf den 8. Mai 45 als einen Tag, der den Neubeginn möglich machte. Auf eine schmerzhafte Geschichte, im Osten weitaus mehr als im Westen.
Dass die friedliche Revolution in der DDR 1989 gelang, ist ein Eckpfeiler des heutigen Deutschland, ein Grund, warum unser Land ein Recht darauf hat, stolz auf sich zu sein. Sich als Teil eines befreiten geeinten Europas fühlen kann, in dem Kriege unmöglich geworden sind, wie der Bundespräsident betonte.
Dass die Revolte der 68er im Westen den Mief unter den Talaren hinwegfegte, es zu den unverzeihlichen Auswüchsen des RAF-Terrors kam, den Deutschland als Rechtsstaat überstanden hat, ist ebenfalls ein Grund von vielen.
Horst Köhlers Rede zum 60. Jahrestag appellierte an uns Deutsche, diese durchaus nicht selbstverständlichen Leistungen zu würdigen. Sie als Teil unserer neuen Identität zu verstehen, die anknüpft an das Beste, was unsere Kulturnation bis 1933 zu bieten hatte.
Wer heute - vor allem am äußerten rechten Rand - abfällig von Schuldkultur spricht, will nicht wahrhaben, welche beeindruckenden Zeugnisse des Erinnerns in den letzten Jahren entstanden sind, Bücher, Dokumentationen, Spielfilme.
Der hat keine Ahnung wovon er spricht, was in Routine erstarrtes Erinnern wirklich heißt. Der verschließt die Augen davor, dass in der DDR ganze Bereiche der Geschichte ausgespart werden mussten, weil sie nicht in eine enge Ideologie passten, die den Antifaschismus zwar für sich pachtete, andererseits aber keinerlei Interesse an der Enthüllung des Wirkmechanismus von Diktaturen hatte.
Aber darum geht es den Neonazis genauso wenig, auch sie brauchen Halbwahrheiten, um besser verführen zu können. Gut, dass ihnen die übergroße Mehrheit keinen Glauben schenkt und sie wie heute in Berlin in die Schranken weist.
Dass wir inzwischen auch über die Opfer auf deutscher Seite sprechen können, ohne dass die Welt hellhörig wird, belegt, dass sie Deutschland wieder vertraut. Denn mittlerweile ist dieses Land nicht mehr verdächtig, dass es die eigene Schuld relativiert.
Wir haben uns unserer Geschichte gestellt - und sind aufgefordert, es immer neu zu tun. Mittlerweile ist ein so differenziertes, vielschichtiges Bild entstanden, sind Mechanismen, Ursachen erkundet, dass wir frühzeitig warnen und handeln können, wenn neue Gefahr für die Demokratie im Verzug ist. Das ist die wohl größte Leistung Deutschlands, die das feste Fundament unserer Demokratie ausmacht. Sie ist der Grund, warum wir heute feiern können, fast schon mit ein wenig Gelassenheit.
Heute zeigt sich, dass jeder Streit, jeder Zwist, auch jedes Aufbegehren gegen Denkverbote bei der Auseinandersetzung mit unserer Geschichte wichtig und richtig gewesen ist. Denn wer ehrlich und kritisch mit seiner Geschichte umgeht, schafft die Basis für eine stabile Demokratie.
Dass wir heute von einem Tag der Befreiung sprechen können, war vor 20 Jahren noch keineswegs selbstverständlich. Bundespräsident Richard von Weizsäcker erntete 1985 noch Stürme der Entrüstung dafür, in Ost und West.
Weder fühlten sich die besiegten Deutschen befreit, sondern vielmehr ausgelaugt, schrecklichen Erinnerungen und neuen Qualen ausgesetzt, noch ähnelte das Regime in der sowjetischen Besatzungszone und späteren DDR auch nur im entferntesten einer Befreiung oder gar Freiheit.
Heute, da das vereinte Deutschland tatsächlich frei lebt, wandelt sich der Blick. Es ist ein Blick zurück auf den 8. Mai 45 als einen Tag, der den Neubeginn möglich machte. Auf eine schmerzhafte Geschichte, im Osten weitaus mehr als im Westen.
Dass die friedliche Revolution in der DDR 1989 gelang, ist ein Eckpfeiler des heutigen Deutschland, ein Grund, warum unser Land ein Recht darauf hat, stolz auf sich zu sein. Sich als Teil eines befreiten geeinten Europas fühlen kann, in dem Kriege unmöglich geworden sind, wie der Bundespräsident betonte.
Dass die Revolte der 68er im Westen den Mief unter den Talaren hinwegfegte, es zu den unverzeihlichen Auswüchsen des RAF-Terrors kam, den Deutschland als Rechtsstaat überstanden hat, ist ebenfalls ein Grund von vielen.
Horst Köhlers Rede zum 60. Jahrestag appellierte an uns Deutsche, diese durchaus nicht selbstverständlichen Leistungen zu würdigen. Sie als Teil unserer neuen Identität zu verstehen, die anknüpft an das Beste, was unsere Kulturnation bis 1933 zu bieten hatte.
Wer heute - vor allem am äußerten rechten Rand - abfällig von Schuldkultur spricht, will nicht wahrhaben, welche beeindruckenden Zeugnisse des Erinnerns in den letzten Jahren entstanden sind, Bücher, Dokumentationen, Spielfilme.
Der hat keine Ahnung wovon er spricht, was in Routine erstarrtes Erinnern wirklich heißt. Der verschließt die Augen davor, dass in der DDR ganze Bereiche der Geschichte ausgespart werden mussten, weil sie nicht in eine enge Ideologie passten, die den Antifaschismus zwar für sich pachtete, andererseits aber keinerlei Interesse an der Enthüllung des Wirkmechanismus von Diktaturen hatte.
Aber darum geht es den Neonazis genauso wenig, auch sie brauchen Halbwahrheiten, um besser verführen zu können. Gut, dass ihnen die übergroße Mehrheit keinen Glauben schenkt und sie wie heute in Berlin in die Schranken weist.
Dass wir inzwischen auch über die Opfer auf deutscher Seite sprechen können, ohne dass die Welt hellhörig wird, belegt, dass sie Deutschland wieder vertraut. Denn mittlerweile ist dieses Land nicht mehr verdächtig, dass es die eigene Schuld relativiert.
Wir haben uns unserer Geschichte gestellt - und sind aufgefordert, es immer neu zu tun. Mittlerweile ist ein so differenziertes, vielschichtiges Bild entstanden, sind Mechanismen, Ursachen erkundet, dass wir frühzeitig warnen und handeln können, wenn neue Gefahr für die Demokratie im Verzug ist. Das ist die wohl größte Leistung Deutschlands, die das feste Fundament unserer Demokratie ausmacht. Sie ist der Grund, warum wir heute feiern können, fast schon mit ein wenig Gelassenheit.