Zum Tod von Tilman Jens

Ein freiheitsliebender Weltenbummler

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Tilman Jens blickt in die Kamera.
Vielseitig und mitunter kontrovers - der Publizist Tilman Jens. © Müller-Staufenberg / imago-images
Heribert Schwan im Gespräch mit Eckhard Roelcke · 03.08.2020
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Tilman Jens produzierte zahlreiche TV-Features, schrieb viel beachtete Artikel und Bücher über seinen Vater Walter Jens und Helmut Kohl. Der Kollege und Freund Heribert Schwan sagt, Jens sei immer unangepasst gewesen. Er starb im Alter von 65 Jahren.
Der Journalist, Publizist und Filmemacher Tilman Jens war ungeheuer vielseitig. Er arbeitete u. a. für das ARD-Kulturmagazin "titel, thesen, temperamente", produzierte unzählige Dokumentationen und Reportagen über verschiedene Themenbereiche, schrieb Zeitungsartikel und Bücher, darunter auch eins über die Demenzkrankheit seines Vaters Walter Jens und über seine Haltung zur Aufarbeitung des Missbrauchskandals an der Odenwaldschule.

Streitbar, freiheitsliebend und unangepasst

Mit seinem Freund und Kollegen Heribert Schwan veröffentlichte er auch die aufsehenerregenden "Kohl-Protokolle". Jens' unangepasste, streitbare und provozierende Art habe ihn als WDR-Redakteur anfangs manchmal aufgeregt, sagt Schwan, aber man habe schließlich zusammengefunden. Jens sei unglaublich eifrig, fleißig und ein Weltenbummler mit Interesse an vielen Ländern gewesen, habe aber an seinem Körper Raubbau betrieben.
"Er war ein Nonkonformist, er war linksliberal, und er war freiheitsliebend. Er hätte niemals in das System eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks gepasst. Er war immer unangepasst, und er war natürlich provozierend natürlich, das war seine Art. Das war sein Charakter und das hat sich aber niedergeschlagen in ganz tollen Sendungen, in tollen Beiträgen."
Mit seiner Hilfe habe beispielsweise der "Kulturweltspiegel" große Zuschauerzuwächse bekommen und er habe diese Sendung maßgeblich geprägt. Allerdings habe Jens Zerwürfnisse riskiert, von denen einige auch nicht behoben werden konnten. Er habe sich sogar mit Freunden angelegt. "Er hatte einen ganz besonderen Charakter und diese Aufmüpfigkeit hat ihn bis zum Schluss begleitet.

Künstler der Worte und Bilder

Jens sei ein brillanter Journalist gewesen und habe das gedruckte Wort genauso beherrscht wie die Komposition von Bildern und Texten, so Schwan. "Ich kenne keinen Fernsehjournalisten, der die Schere zwischen Bild und Ton so gering gehalten hat. Das war wunderbar bei ihm und das ist ganz selten. Wir sind klar gekommen und es ist schade, dass es vorbei ist. Wir hatten noch einiges vor."
Zum Schluss betont Schwan, dass er noch eine Art Vermächtnis von Tilman Jens mitzuteilen habe und dass Jens dies von ihm erwarten würde: "Sein radikal zunehmender körperlicher Verfall und die unsagbaren Auswirkungen seiner langen Krankheit haben seine Psyche überfordert. Hinzu kam in jüngster Zeit ein nicht enden wollender Schmerz über eine zerbrochene Liebe. Was wir schon vor Jahren thematisiert haben, ist nun Wirklichkeit geworden: Der selbstbestimmte Tod, den ich für ihn öffentlich machen sollte - das habe ich hiermit getan." Tilman Jens starb am 29. Juli.

Hilfsangebote für Menschen mit Depressionen, Suizidgefährdete und ihre Angehörigen: Wenn Sie sich in einer scheinbar ausweglosen Situation befinden, zögern Sie nicht, Hilfe anzunehmen. Hilfe bietet unter anderem die Telefonseelsorge in Deutschland unter 0800-1110111 (kostenfrei) und 0800-1110222 (kostenfrei) oder online unter telefonseelsorge.de. Eine Liste mit bundesweiten Beratungsstellen gibt es auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention.

(rja)
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