Zum Tod von Kunstsammler Frieder Burda

Der mit seinen Bildern lebte

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Der Kunstsammler Frieder Burda (1936-2019), aufgenommen am 10.07.2014 im Museum Frieder Burda in Baden-Baden (Baden-Württemberg) vor dem Werk "Gelbgrün" von Gerhard Richter aus dem Jahr 1982.
Der Kunstsammler und Mäzen Frieder Burda – hier vor einem Werk von Gerhard Richter – ist im Alter von 83 Jahren gestorben. © picture alliance/dpa/Uli Deck
Von Marie-Dominique Wetzel · 15.07.2019
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Der Kunstsammler und Mäzen Frieder Burda ist im Alter von 83 Jahren gestorben. Seine Sammlung zählt zu den besten und kostbarsten in Europa. Dazu gehören Gemälde von Picasso, Kirchner und Beckmann, aber auch von Richter, Polke und Baselitz.
Frieder Burda war ein außergewöhnlicher Kunstsammler, unprätentiös, bodenständig und doch ein Star in der Szene. Mit rund 1000 Werken zeitgenössischer und moderner Kunst gehört seine Sammlung zu den besten und kostbarsten in Europa. Annähernd alle Werke haben Museumsqualität.
Dazu gehören Gemälde von Picasso, Kirchner und Beckmann, aber auch von Richter, Polke und Baselitz. Und dabei hat Frieder Burda immer aus dem Bauch heraus gesammelt: "Ich sage immer: Was ich nicht verstehe, kaufe ich nicht. Mein ganzes Leben habe ich das so gemacht. Es gibt viele Dinge, die ich nicht kaufe, weil ich sie einfach nicht begreife."

Entscheidung für die Kunst und gegen den Familienverlag

Frieder Burda war früh mit Kunst in Berührung gekommen. Seine Eltern, das Offenburger Verlegerpaar Franz und Aenne Burda, liebten Kunst. Sein Vater sammelte vor allem die deutschen Expressionisten und hatte sie nicht nur im Büro, sondern auch im Wohnhaus hängen.
Gerne hätte es Franz Burda gesehen, wenn auch sein zweiter Sohn Frieder wie die beiden anderen Söhne dauerhaft in den Verlag eingestiegen wäre. Frieder machte zwar im elterlichen Unternehmen eine Drucker- und Verlegerlehre, merkte aber schnell, dass das nicht seine Welt war.

Mit 3500 Mark fing alles an

1968, im Jahr der Studentenrevolten, kaufte er ein Bild von Lucio Fontana, das er auf der documenta 4 gesehen hatte: eine aufgeschlitzte, blutrote Leinwand. "Ich sah das Bild und habe es gekauft. Das war damals für mich unendlich viel Geld: 3500 Mark. Und mit diesem radikalen Bild wollte ich meinen Vater schockieren." Doch der Vater fand das Bild gar nicht schlecht. Der Plan war also gescheitert, aber dafür war der Grundstein für eine eigene Sammlung gelegt.
1986 starb Franz Burda und sein Sohn Frieder erbte unter anderem Beteiligungen am Springer-Verlag, die er schnell verkaufte. Er genoss daraufhin erst einmal seine Freiheit, doch das Jetset-Leben langweilte ihn schnell. "Irgendwann habe ich mal zu meiner Frau gesagt: Ich fühl' mich am wohlsten im Museum", sagte Burda.

Das Museum Frieder Burda in Baden-Baden

Warum also nicht ein eigenes Museum gründen für die Sammlung, die immer größer wurde. Viele Sammler haben sich ein eigenes Museum gebaut, aber wohl kaum einer an so einem prominenten Platz mitten in der Lichtentaler-Allee in Baden-Baden und mit so einem berühmten Architekten wie Richard Meier.
Im Jahr 2004 wurde das Museum Frieder Burda in Baden-Baden feierlich eröffnet. "Das ist eine Mischung aus Stolz und einem Gefühl der vollkommenen, inneren Zufriedenheit. Und meine Freude wird sein, wenn die Öffentlichkeit dieses Museum und diese Bilder gut findet. Dann ist das der Dank, den ich dafür bekomme", sagte Frieder Burda.
Das Museum wurde zum großen Erfolg. Burda zeigte viel beachtete Ausstellungen – meist basierend auf seiner Sammlung. Und durch seine sehr guten Kontakte in die Kunstwelt bekam er erlesene Leihgaben. Zuletzt für seine große Brücke-Ausstellung. Das Publikum kam scharenweise. Allein im letzten Herbst kamen 75.000 Besucher zur Ausstellung des Lichtkünstlers James Turrell.

Gutes Gespür für Kunst

Und immer zeigte sich, dass Frieder Burda ein gutes Gespür für Kunst hatte. Natürlich hatte er auch immer Berater an seiner Seite, Götz Adriani etwa oder Klaus Gallwitz. Aber Frieder Burda wusste genau, was er wollte und was nicht. Ein besonderer Glücksgriff war, dass er früh damit begonnen hatte, Richter, Polke und Baselitz zu sammeln:
"Ich wusste nicht, wie teuer die Bilder eines Tages werden, hat mich auch nicht interessiert. Ich wollte die Bilder haben, weil sie genau den Nerv getroffen haben, den ich immer spürte, nämlich das Expressive."
Ab und zu verkaufte er mal ein Bild, aber nur um ein anderes kaufen zu können, was noch besser in seine Sammlung passte. Frieder Burda blieb zeit seines Lebens offen, aber für Videokunst hatte er nie viel übrig. Kunst, die ohne Steckdose nicht funktioniert, war ihm suspekt.

Übergabe an Stieftochter Patrica Kamp

In den letzten Jahren hat sich Frieder Burda immer mehr aus der Öffentlichkeit und aus dem täglichen Geschäft seiner Stiftung und dem Museum zurückgezogen. Er übergab das Ruder immer mehr an seine Stieftochter, Patricia Kamp, die in Berlin eine Dependance, den Salon Berlin, eröffnete und immer wieder eigene zeitgenössische Projekte im Museum Frieder Burda in Baden-Baden verwirklichen durfte.
Zur Zeit feiert das Museum Frieder Burda sein 15-jähriges Bestehen mit einer großen Ausstellung in Zusammenarbeit mit dem Centre Pompidou. Gezeigt werden deutsche und französische Meisterwerke aus den Sammlungen beider Häuser. Eine Herzensangelegenheit für Frieder Burda, der Frankreich zeit seines Lebens liebte und als erster Deutscher in die Ankaufskommission des Centre Pompidou berufen wurde.
Die Kunstwelt verliert mit dem Tod von Frieder Burda einen bedeutenden Sammler, der wie nur wenige andere für und mit seinen Bildern lebte: "Wenn ich schwierige Zeiten habe, dann gehe ich zu meinen Bildern. Ich weiß von allen Bildern, wann ich sie gekauft habe, kenne die Umstände – und man nähert sich sich selber."
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