Zum Tod von George Bush

Unbezwingbarer Glaube an Amerika

Der frühere US-Präsident George H.W. Bush auf einem Foto aus dem Jahr 2008.
Der frühere US-Präsident George H.W. Bush auf einem Foto aus dem Jahr 2008 © AP/Lawrence Jackson
Von Marcus Pindur · 01.12.2018
Der frühere US-Präsident George H.W. Bush ist im Alter von 94 Jahren gestorben. Deutschland habe ihm viel zu verdanken, sagt Marcus Pindur: Als einziger der drei West-Allierten habe er 1990 "ohne Wenn und Aber" zur deutschen Vereinigung gestanden.
Die Erfahrung des Zweiten Weltkrieges sowie die anschließende Konfrontation mit der Sowjetunion formten den außenpolitischen Blick einer ganzen Generation auf die Welt – auch die des jungen George Herbert Walker Bush. Er machte zunächst Karriere im Ölgeschäft. Mit der Nixon-Administration, ab 1969, begann eine Reihe exponierter diplomatischer und politischer Berufungen: UN-Botschafter, Botschafter in Peking und schließlich CIA-Direktor.
1980 bewarb er sich um die Nominierung als Präsidentschaftskandidat, unterlag jedoch dem viel konservativeren, aber auch viel charismatischeren Ronald Reagan. Der nahm ihn als "running mate", als Vizepräsidenten mit auf die politische Reise, die schließlich 1989 auch Bush als Nachfolger Ronald Reagans ins Weiße Haus führte.
Bush musste mit einer sich rapide wandelnden internationalen Landschaft auseinandersetzen. Sein größtes Verdienst liegt zweifellos im Management des internationalen Erdbebens, das der Mauerfall auslöste. Als einziger der drei West-Alliierten stand er ohne Wenn und Aber zur deutschen Wiedervereinigung. Bush und sein Außenminister James warben beim sowjetischen Generalsekretär Gorbatschow um Vertrauen. Das Ende des Kalten Krieges war für George Bush die Erfüllung der Mission seiner Generation. In seiner Rede zur Lage der Nation im Januar 1992, wenige Monate nach dem Ende der Sowjetunion erklärte Bush:
"Ich bin mir nicht ganz sicher, ob wir die Tragweite der Ereignisse schon voll erkannt haben. Aber im vergangenen Jahr ist der Kommunismus gestorben. Und selbst als Präsident, der ja einen guten Blick auf die Welt hat, war ich oft so beschäftigt mit anderen Dingen, dass ich die Freude darüber kaum zeigen konnte. Aber das Größte, was in meiner Lebenszeit passiert ist, das ist: Mit der Gnade Gottes hat Amerika den Kalten Krieg gewonnen."

Großes Lob für Helmut Kohl

George Bush und Helmut Kohl hatten ein ausnehmend gutes Verhältnis. Bush hatte Vertrauen in das verlässliche und demokratische Nachkriegsdeutschland, das Kohl verkörperte:
"Nur sehr wenige Politiker, die ich kennengelernt habe, hatten die Führungsfähigkeit und den politischen Mut Helmut Kohls."
Was er Kohl besonders zugute hielt, das war, dass der deutsche Bundeskanzler zum Nato-Doppelbeschluß gestanden hatte, trotz großen Widerstandes der westdeutschen Friedensbewegung. Auch Kohls Rolle bei der deutschen Einheit sei positiv gewesen:
"Durch seine Umsicht hat er 1989/90 die Wiedervereinigung erreicht. Das war damals nicht so einfach, wie es rückblickend aussieht."
Als Bush den französischen Präsidenten Mitterrand gefragt habe, was er denn von der Wiedervereinigung hielt, habe dieser gesagt, er möge Deutschland so gerne, es sollte zwei von ihnen geben:
"Es gab damals eine Menge Zweifler, aber Helmut Kohl hat den Zweiflern und seinen Kritikern bewiesen, dass sie falsch lagen. Und mein Respekt für ihn kennt keine Grenzen."
Die Deutschen, so Bush, sollten "Partners in Leadership" werden, Partner in der Führung der westlichen Welt. Eine Vision eines Präsidenten, dem seine Gegner stets Visionslosigkeit vorwarfen. Und: Eine Rolle, in die Deutschland erst jetzt, und erst sehr langsam hineinzuwachsen beginnt. Bushs Vertrauen stand jedoch paradigmatisch für das positive Deutschlandbild einer ganzen Generation. Keine Selbstverständlichkeit nach den Verbrechen, die im Namen Deutschlands verübt worden waren, keine Selbstverständlichkeit nach dem hohen Blutzoll, den auch die USA im Zweiten Weltkrieg entrichtet hatten.
Eine weitere außenpolitische Herausforderung für Bush war der Überfall Saddam Husseins auf Kuweit. Bush schmiedete eine internationale Koalition und entsandte 425.000 amerikanische Soldaten. Ein wochenlanger Luftkrieg ging der Invasion voraus. Zusammen mit 118.000 Mann alliierter Truppen wurden die irakischen Verbände in einem nur 100-stündigen Landkrieg vernichtend geschlagen. Bush ging es um den eklatanten Bruch des Völkerrechtes, die Stabilität der Region und um den Zugang zu den nahöstlichen Ölvorräten. Diese seien für das Funktionieren der Weltwirtschaft unerläßlich gewesen, so Bushs Außenminister James Baker:
"Er habe für vier Präsidenten gearbeitet, und unter jeder dieser Administrationen sei der Schutz und der Zugang zu den Energiereserven des Persischen Golfs erklärte nationale Sicherheitspolitik gewesen."

"Keine neuen Steuern" − ein gebrochenes Versprechen

Nach der Befreiung Kuweits 1991 befand sich Bush in einem Hoch. Doch dem außenpolitisch so erfolgreichen George Herbert Walker Bush wurde eine Wirtschaftsflaute zum Verhängnis – und ein Wahlversprechen.
"Read my lips: No new taxes!"
Keine neuen Steuern, hatte Bush vor seiner Wahl versprochen. Um den Haushalt nicht aus den Fugen geraten zu lassen, ließ sich Bush dennoch auf einen Kompromiß mit den Demokraten im Repräsentantenhaus ein, der auch Steuererhöhungen beinhaltete.
Anderthalb Jahre nach dem Sieg über Saddam Hussein entschieden die amerikanischen Wähler sich für einen relativ unbekannten, aber mit viel Ausstrahlung ausgestatteten ehemaligen Gouverneur von Arkansas namens Bill Clinton.
George Herbert Walker Bush bleibt den Amerikanern wegen seines selbstironischen Humors in Erinnerung und seines unbezwingbaren Glaubens, dass die USA die Welt zum Besseren verändern können.
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