Zum Tod des Philosophen Stanley Cavell

Der Meister des Skeptizismus

Menschen sprechen mit mehrfarbigen Sprechblasen.
Wissen wir, ob es die anderen gibt? Das ist eine der wesentlichen Fragen, die den Philosophen Stanley Cavell beschäftigte © imago / Ikon Images / John Devolle
Wolfram Eilenberger im Gespräch mit Sigrid Brinkmann · 20.06.2018
Er war ein Philosoph, der sich nicht scheute, Gewöhnliches in den Blick zu nehmen: Nun ist Stanley Cavell mit 91 Jahren gestorben. Erinnerungen an einen Denker, der sich vor allem fragte, ob wir wissen können, dass andere Menschen existieren.
Der Philosoph Stanley Cavell ist tot. Er starb im Alter von 91 Jahren in Boston. Cavell war Professor für Ästhetik und allgemeine Werttheorie an der Harvard University und bereits seit längerem im Ruhestand.
Im Deutschlandfunk Kultur würdigte "Philosophie Magazin"-Chefredakteur Wolfram Eilenberger Cavell als "vielleicht bedeutendsten Philosophen Amerikas heute". "Er war aber lange Zeit unverstanden, isoliert und wurde als Außenseiter geradezu verlacht und nicht wahrgenommen", sagte Eilenberger.

Können wir wissen, ob andere Menschen existieren?

"Cavells großes Thema ist der Skeptizismus", führte Eilenberger aus, "es ist die Frage, was wir von dieser Welt eigentlich wissen können. Der sogenannte fremdpsychische Zweifel, also die Frage, ob wir wissen können, dass andere Menschen existieren, interessierte ihn besonders."

Für Cavell sei die Philosophie keine Theorie gewesen, sondern eine Form, Kontakt zu anderen Menschen zu finden. "Deswegen ist die Beschäftigung mit dem Fremd-Skeptizismus das stille und pochende Zentrum seines Werkes geblieben", meint Eilenberger. Auch mit der Alltäglichkeit hat sich Stanley Cavell auseinandergesetzt, zum Beispiel in seinem 2002 auch auf Deutsch erschienen Buch "Die Unheimlichkeit des Gewöhnlichen".

Nachdenken über das gewöhnliche Leben

"Das Gewöhnliche ist etwas, das abgründig ist. Das uns zur Verzweiflung bringt. Und Cavell hat eine Weise gesucht, über dieses gewöhnliche Leben nachzudenken", meint Wolfram Eilenberger. Und weiter: "Ganz wichtig in diesem Zusammenhang ist der Begriff der Ehe. Cavell ist einer der wenigen Philosophen, die wirklich substanziell über das Versprechen der Ehe nachgedacht haben und was es heißt, mit einem anderen Menschen ein Leben zu teilen und zu verbringen." (be)
Mehr zum Thema