Zum Tod des Lyrikers Werner Söllner

Zentrale Gestalt der rumäniendeutschen Poesie

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Der Schriftsteller Werner Söllner, 1951-2019
In den 90er-Jahren verstummt: Der Lyriker Werner Söllner (1951-2019) © imago/VIADATA/ Holger John
Michael Braun im Gespräch mit Eckhard Roelcke · 21.07.2019
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Geboren in Rumänien, siedelte Werner Söllner 1982 in die Bundesrepublik über, wo er unter anderem mit dem Gedichtband "Kopfland. Passagen" für Aufsehen sorgte. Jetzt ist Werner Söllner im Alter von 67 Jahren gestorben.
Werner Söllner wuchs im rumänischen Arad in der Nähe der ungarischen Grenze auf. Zum Studium - erst kurz Physik, dann Germanistik und Anglistik - zog er nach Cluj in Siebenbürgen. Schon in seiner Diplomarbeit beschäftigte sich Söllner mit Paul Celan, der zeitlebens ein wichtiger Einfluss blieb.
Nachdem Söllner sechs Jahre als Lektor für deutschsprachige Kinderbücher gearbeitet hatte, siedelt er 1982 in die Bundesrepublik über. Hier entstehen seine bekanntesten Werke, die Gedichtbände "Kopfland. Passagen" und "Der Schlaf des Trommlers".

"Die Freiheit, wortlos zu sein"

"Werner Söllner ist auf jeden Fall eine zentrale Gestalt der rumäniendeutschen Poesie in den späten 80er- und frühen 90er-Jahren gewesen", urteilt der Literaturkritiker Michael Braun. Die beiden erwähnten Lyrikbände hätten Söllner rasch bekannt gemacht, sagt Braun.
Dann allerdings verstummte Werner Söllner. "'Die Freiheit wortlos zu sein, als sei jenseits der Sprache eine andere, flüssige Welt' so beginnt das Gedicht 'Seestück' und diese Freiheit wortlos zu sein hat vielleicht auch mit seiner Biografie zu tun. Werner Söllner hat nämlich diese Freiheit in Anspruch genommen, nach dem Gedichtband "Der Schlaf des Trommlers" hat er fast zwanzig Jahre geschwiegen", so Braun.

Mitarbeit beim Geheimdienst

Geschwiegen hat Söllner vielleicht, aber untätig war er nicht. Er hielt die Frankfurter Poetikvorlesungen, war Gastdozent in den USA und seit 2002 Leiter des Hessischen Literaturforums. Ende der 2010er Jahre begann die Debatte über die Mitarbeit Söllners beim rumänischen Geheimdienst.
So warf der Schriftsteller Richard Wagner Söllner vor, seine Berichte über die literarische Vereinigung "Aktionsgruppe Banat" hätten mit zur Auflösung der Gruppe beigetragen und ihr schwer geschadet. "Man muss aber auch berücksichtigen, dass Werner Söllner seine eigenen Verfehlungen immer eingeräumt hat und dass er selber später Opfer dieses Geheimdienstes geworden ist", gibt Michael Braun zu bedenken.

Nach langer Pause ein letztes Werk

2015 erschien nach langer Publikationspause mit "Knochenmusik" das letzte Werk von Werner Söllner. Und der Name sei noch mal ins Gespräch gekommen, sagt Michael Braun: "Zu seinem 65. Geburtstag ist noch mal eine schöne Zusammenschau und Materialsammlung erschienen in der Zeitschrift 'Die Wiederholung'. (Das war) der Versuch einer gerechten Bilanz der Arbeit von Werner Söllner und eben auch den Dichter Werner Söllner zu seinem Recht kommen zu lassen und nicht nur auf diese Verstrickung zu schauen."
(beb)
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