Zum Tod des Fotografen Michael Wolf

Zwischen Privatheit und Öffentlichkeit

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Ein Portät zeigt Michael Wolf anläßlich des Prix Pictet, dem globalen Photography Award für Nachhaltigkeit in London 2017 vor seiner vielfach ausgezeichneten Arbeit "Tokyo Compression".
Weltberühmt wurde Michael Wolf für seine Foto-Serien, etwa mit Porträts von eingepferchten Pendlern in den U-Bahnen von Tokio oder Hongkong. © Jeff Spicer / Getty Images für Prix Pictet
Ingo Taubhorn im Gespräch mit Timo Grampes |
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Der Fotograf Michael Wolf ist tot. Er starb im Alter von 64 Jahren in Hongkong. Er war bekannt für seine Fotos von Megastädten wie Tokio. Kurator Ingo Taubhorn erklärt, warum für den Betrachter seine Arbeit auch ein Spannungsfeld darstellte.
Michael Wolf erlangte Bekanntheit vor allem für Fotografien von Megastädten wie Tokio, Chicago und Paris. Als seine Lieblingsstadt galt Hongkong, in der seit 1994 lebte – und wo er nun im Alter von 64 Jahren starb.
"Das Interessante bei Michael Wolf ist, dass er diesen Wechsel zwischen dieser Privatheit und der Öffentlichkeit, zwischen dieser Intimität und auf der anderen Seite aber auch dem Voyeurismus in seinen Bildern einfängt", sagt Ingo Taubhorn, Kurator im Haus der Photografie in den Hamburger Deichtorhallen.
Für Fotos in seiner Serie "Tokyo Compression", in der Wolf Gesichter in Nahaufnahmen von Menschen in der U-Bahn in Japans Hauptstadt zeigt, habe er die Unmittelbarkeit von Gesichtern eingefangen, die nicht dem Blick des Fotografen ausweichen konnten. "Er hat es ja auch nicht Teleobjektiv fotografiert, sondern eben 50 Zentimeter vor diesen Menschen."

Wolfs Arbeit war auch politisch

Wolfs Arbeit sei auch politisch gewesen, sagt Taubhorn. Deutlich sei dies auch in Wolfs letzter Ausstellung "Life in Cities" in den Hamburger Deichtorhallen geworden. Darin zu sehen war auch Wolfs Wandinstallation "The Real Toy Story" mit Porträtfotos von Arbeitern in chinesischen Spielzeugfabriken, gerahmt von über 20.000 Billigspielzeugen.
"Die Initialzündung für 'The Real Toy Story' ist eine biografische gewesen", sagt Taubhorn. Wolf sei in einem Intellektuellen-Haushalt aufgewachsen, wo er als Junge eher Holzspielzeug zum Spielen bekommen habe. Dann habe er irgendwann die Möglichkeit bekommen, in einem Antiquariatsladen eine Kiste mit buntem Spielzeug zu kaufen. Da "dachte er sich, er würde gerne da eine Installation mit machen".

Doch Wolf habe nicht nur die visuelle bunte Vielfalt darstellen wollen, sondern auch die Arbeiter in diesen Fabriken, die nicht so menschenwürdig geführt würden. "Und daraus ergibt sich für den Betrachter ein Spannungsfeld."
Ein Mann geht an einer Wand im Ausstellungsraum vorbei. Dort sind Fotos von Fabrikarbeiter*innen angebracht. Darum herum sind tausende Spielzeuge angebracht, die von ihnen produziert wurden.
Ein Werk aus der Ausstellung "The Real Toy Story" des Fotografen Michael Wolf.© AFP/Philippe LOPEZ
Wolf gewann 2005 und 2010 jeweils einen ersten Preis beim Weltpressefoto-Wettbewerb.
(mhn)
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