Zum Tod der Musikproduzentin Sophie

"Botschafterin einer Generation"

08:14 Minuten
Sophie Xeon bei einem Auftritt in London, 13. März 2018.
Sie liebte die große Geste des Pop: Sophie , die am 30. Januar 2021 tödlich verunglückt ist. © picture alliance / ZUMA Press / RMV
Christoph Möller im Gespräch mit Martin Böttcher · 01.02.2021
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Sophie war eine Ikone des Elektropop: Stars wie Madonna produzierten mit ihr. Auf ihren Unfalltod reagiert die Popszene mit großer Trauer. Für Musikjournalist Christoph Möller spiegelt ihr Sound das anbrechende Zeitalter der Digitalisierung.
Die schottische Musikproduzentin Sophie Xeon ist am 30. Januar bei einem Unfall ums Leben gekommen. Bekannt wurde sie, die sich Sophie nannte, eindeutige Geschlechtszuschreibungen in Frage stellte und dies auch in ihrer Musik thematisierte, vor allem durch ihre intensiven Elektro-Pop-Kreationen. Sie arbeitete unter anderem als Produzentin mit Madonna zusammen. Für ihr 2018 erschienenes Album "Oil of Every Pearl‘s Un-Insides" war sie für den Grammy-Award nominiert.
Viele Menschen aus dem Popbusiness haben sich traurig oder bestürzt zu ihrem Tod geäußert. So nennt die britische Musikerin FKW Twigs Sophie "a star of our generation", einen "Star unserer Generation". War Sophie wirklich ein Star?
Musikjournalist Christoph Möller findet das nicht übertrieben. Zwar passe Sophie auf den ersten Blick nicht in die üblichen Popstar-Kategorien. Doch seine eigene starke Reaktion auf die Todesnachricht habe ihm gezeigt: "Nur wenig von der Musik, die ich in den letzten Jahren gehört habe, hat tatsächlich so viel über mich und mein Erleben in der Gegenwart erzählt. Als sie ihre ersten Tracks veröffentlicht hat, war das ein passender musikalischer Ausdruck für das anbrechende digitale Zeitalter, vor etwa zehn Jahren."
Sophie habe die Überforderungen der Digitalisierung, aber auch deren Möglichkeiten sehr gut durch ihre Musik zum Ausdruck gebracht. Damit sei sie auch "die Botschafterin eines Generationengefühls".
Ihre Musik habe meist sehr künstlich und poliert gewirkt – aber in dieser Künstlichkeit eben auch "total leidenschaftlich". Diese Gleichzeitigkeit "aus süßen, beschleunigten Stimmen und abgehackten Beats – das war schon Sophies Markenzeichen. Die Tracks wirkten auf mich auch immer extrem körperlich."
Für ihn, sagt Möller, "fühlten sich diese Tracks immer an, als könnte ich sie betreten – wie Räume".

Sie liebte die große Geste des Pop

Den großen Pop habe Sophie nie als Parodie verstanden. "Sie sagte immer: Sie würde das gar nicht machen, wenn sie das nicht ernst meinen würde."
Was haben sich Stars wie Rihanna oder Madonna von der Zusammenarbeit versprochen – es war ja eine herausfordernde Musik? "Ja, dieser akustische Maximalismus von Sophie, den hat sie immer auch mit einer Leidenschaft für diese große Geste des Pop erklärt", erläutert Möller. "Sie hat mal gesagt: Pop sei für sie die Herausforderung, das Intensivste, Hellste und Lauteste aus einer Sache herauszuholen. Und ich glaube, diese Radikalität, mit der Sophie, über das Musikmachen, aber auch über das emanzipatorische Potenzial von Pop nachgedacht hat – mit Tracks, die so ganz anders klingen –, das hat eben Popstars fasziniert."
(mkn)
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