Zum Stiften anstiften

Von Anke Petermann |
Die Wissenschafts- und Kulturlandschaft der Bankenmetropole Frankfurt/M. lebt vom bürgerschaftlichen Engagement. Herausragende Beispiele sind u.a. die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft und die Städelsche Stiftung. Wenn es ums Fördern von Kunst und Forschung geht, ist die Frankfurter Bankiersfamilie von Metzler fast immer dabei.
Zwischen den alten Meistern im Städelschen Kunstinstitut, kurz Städel, fühlt sich Sylvia von Metzler wohl. Im dunklen Mantel, mit kurzen dunkelblonden Haaren, ungeschminkt, wirkt die Bankiersgattin klischeewidrig unscheinbar. Sie deutet auf das großformatige Rembrandt-Gemälde "Die Blendung Simsons", angekauft 1905 vom Städelschen Museumsverein. Dessen Mitglieder waren damals gar nicht begeistert, Geld für ein Gemälde herzugeben, auf dem die grauenvolle Misshandlung des biblischen Helden drastisch beleuchtet in Szene gesetzt wird:

"Es wurde auch gegen große Proteste eingekauft, und es war überhaupt nicht teuer, weil niemand so ein Sujet haben wollte. Und jetzt gehört es zu den wichtigsten Werken hier im Museum und zu den wichtigsten Arbeiten von Rembrandt überhaupt …"

... sagt die heutige Vorsitzende des Städelschen Museumsvereins mit 6000 zahlenden Mitgliedern. 35 davon gehören dem Städelkomitee an, das Sylvia von Metzler gegründet hat. Eine Vereinigung von Mäzenen, die mehr als 25.000 Euro im Jahr spenden, um zeitgenössische Kunst anzukaufen. Weder der Museumsverein noch das Komitee maßen sich allerdings an, mit ihren Geldern die Sammlungspolitik des Städel Museums zu steuern, stellt Sylvia von Metzler klar:

"Das macht nur die Museumsleitung - ausschließlich. Das sind die Kuratoren, die für das jeweilige Gebiet zuständig sind, die dann mit den entsprechenden Anfragen zu uns kommen. Die Aufgabe des Museumsvereins ist es, lediglich zu versuchen, die Gelder für die Ankäufe zusammenzubekommen."

"Anstiften zum Stiften", so beschreibt Friedrich von Metzler das Ziel. Seine Frau Sylvia sagt über das gemeinsame Engagement:

"Es ist ja seine Familie, die mir das vorgelebt hat, sozusagen. Wir teilen uns die Aufgaben. Als das Museum für Angewandte Kunst - da gibt es so eine klassizistische Villa, die wurde renoviert und in historische Räume umgewandelt, da sollte ich eigentlich die Schirmherrschaft dafür übernehmen, gleichzeitig wurde ich aber die Vorsitzende des Museumsvereins. Und da hat dann mein Mann gesagt, jetzt muss er's machen."

Drei Millionen Euro an Spenden mobilisierte Friedrich von Metzler für die mit antikem Mobiliar ausgestatteten Stilzimmer der Villa Metzler, noch einmal drei Millionen spendeten Familie und Bankhaus gemeinsam für den dreißig Millionen Euro teuren Erweiterungsbau des Städels - sozusagen als "Anstiftung".

Von seinem Büro aus kann Städel-Direktor Max Hollein beobachten, wie die Bagger tonnenweise Erde ausheben für die sechs bis acht Meter hohen unterirdischen Museumsräume, die Tageslicht von oben bekommen. Anfang 2011 sollen sie auf 3000 Quadratmetern zeitgenössische Kunst aufnehmen - ein Quantensprung für das Städel und ein Projekt das zeigt,

"... wie man in durchaus schwierigeren Zeiten durch einen Zusammenschluss mit der öffentlichen Hand Unternehmen, Stiftungen und privaten Mäzenen, also mit allen Bürgern, gemeinsam etwas Großes erreichen kann, dass ein Museum nicht nur den Status erhält, sondern sich auch weiter entwickeln kann zum Wohle aller und zum Wohle dieser Institution."

"Frankfurt baut das neue Städel" heißt diese "Bürgerbewegung" für die Kunst. "Max Hollein führt die Sammlung ins 21. Jahrhundert, es macht Spaß, für ihn zu arbeiten", kommentiert Sylvia von Metzler. Als Hollein 2001 aus New York nach Frankfurt am Main wechselt, ahnt er nichts von der herausragenden Rolle, die von Metzlers im kulturellen Leben der Mainmetropole spielen. Bis sie ihn und seine Frau telefonisch zu einem Treffen einladen.

"Und dann kamen wir zu diesem Mittagessen, das sich entpuppte als Mittagsempfang für 500 Frankfurter und im Grunde als das Entree in die Frankfurter Gesellschaft, das von der Familie von Metzler für uns bereitet wurde."

"Menschen zu vernetzen, damit sie gemeinsam etwas vorantreiben - dieser Geist ist mir durch und durch sympathisch", "

sagt der Museumsdirektor. Wissenschaft und Kunst in Frankfurt zu fördern, gehört zur Tradition der Familie, die Ende des 17. Jahrhunderts die gleichnamige Privatbank in Frankfurt am Main aufbaute. Doch den Ehrentitel "Mäzenin" möchte Sylvia von Metzler gar nicht für sich beanspruchen. Und das Motto "Tradition verpflichtet" ist ihr zu steif.

" "Verpflichtung ist es nicht, es ist eher Freude, man macht es gerne."