Zum Geburtstag einer Musikikone

Pünktlich zu Bob Dylans 70. Geburtstag erscheint eine geschickt zusammengestellte Sammlung von Interessantem und Amüsantem rund um das Phänomen Dylan. Aus dem Wust von Material über Dylan gelingt es Herausgeber Theweleit, eindrucksvoll zu filtern.
Der "gelernte" Soziologe und Kunsttheoretiker Klaus Theweleit , bekannt vor allem durch sein Hauptwerk "Männerphantasien", veröffentlicht gerne auch zu Themen mit Pop-Appeal ("Tor zur Welt: Fußball als Realitätsmodell", "Jimi Hendrix- eine Biografie").

Mit "How Does It Feel – Das Bob-Dylan-Lesebuch" erscheint nun, rechtzeitig zu Dylans 70. Geburtstag, eine Textsammlung , bei der Theweleit als Herausgeber fungiert und auch als Autor in Erscheinung tritt. In seinem Beitrag "Bits & Pieces" macht er sich auf 35 durchaus anregend und kurzweilig zu lesenden Seiten Gedanken zu Dylans Fans, seinem Image oder seinem Verhältnis zu den Frauen – und steuert damit gleichzeitig einen Originaltext zu diesem Buch bei, das ansonsten aus bereits vorhandenem Material besteht.

Was nicht unbedingt ein Makel sein muss. Unzählige Bücher und Artikel zum Thema Dylan sind erschienen, seit sich dieser vor 50 Jahren daran gemacht hat, Kulturgeschichte zu schreiben. Aus diesem Wust eine Essenz zu filtern, ist eine herausgeberische Leistung, die Theweleit eindrucksvoll bewältigt.

Die Auswahl der Texte spiegelt vielfältige Möglichkeiten der Auseinandersetzung mit dem Thema. Das Porträt des jungen Dylan von Nat Hentoff (wo noch leichtgläubig die biografischen Flunkereien nachgebetet werden) gehört zum Kanon. Kenntnisreich geschriebene Plattenkritiken (darunter lobenswerterweise auch solche, die sich mit neueren Produktionen wie dem 2001 erschienenen Album "Love and Theft" beschäftigen), stehen neben quasi-philosophischen Ausführungen zum Zeit-Konzept bei Dylan (am Beispiel seiner Autobiografie "Chronicles" und der "Theme Time Radio Hour"); sogar das Transkript einer Podiumsdiskussion unter Dylanologen ist zu finden.

Aufgelockert sind solche journalistisch-feuilletonistischen Texte durch literarisches Material. Die Auszüge aus den Erinnerungen der in diesem Jahr verstorbenen Jugendfreundin Suze Rotolo sind keine schriftstellerische Großtat, aber in ihrer Herzenswärme immer willkommen. Don de Lillos fiktives Interview mit "Bucky Wunderlick", Elke Heidenreichs rührende BobFest-Episode "Karl, Bob Dylan und ich", vor allem aber die atmosphärisch dichten Auszüge aus Sam Shepards "Rolling Thunder Logbook" heben das Buch über das Niveau einer trocken-akademischen Textsammlung und machen es zum Lese-Buch im besten Sinn – inklusive Antörn-Faktor, die Originale vielleicht mal wieder aus dem Regal zu ziehen.

"Like A Rolling Stone" ist keine übermäßig originelle, aber eine geschickt zusammengestellte Sammlung von Interessantem und Amüsantem rund um das Phänomen Dylan. Die lohnende Lektüre setzt eine gewisse dylanologische Vorbildung natürlich voraus.

Besprochen von Helmut Heimann

Klaus Theweleit (Hrsg.). "How Does It Feel" – ein Bob-Dylan Lesebuch
Rowohlt, Berlin 2011
304 Seiten, 19,95 Euro
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