Zum CDU-Austritt Erika Steinbachs

Dauertwitternde One-Woman-Show

Erika Steinbach (CDU) spricht am 03.06.2016 im Deutschen Bundestag in Berlin.
Erika Steinbach war über 40 Jahre Mitglied der CDU, nun erklärte sie ihren Partei-Austritt. © picture alliance/dpa - Michael Kappeler
Von Christiane Habermalz · 15.01.2017
Schon lange belastet Erika Steinbach die Nerven ihrer CDU-Parteifreunde mit ihrer ständigen Kritik an Bundeskanzlerin Angela Merkel. Überraschend an ihrem Partei-Austritt ist daher nur, dass er so spät erfolgte.
Vermissen wird sie wohl kaum jemand in der CDU. Schon lange rüttelte Erika Steinbach mit der ständigen Kritik an Bundeskanzlerin Angela Merkel an den Nerven ihrer eigenen Partei. Und schon lange stand sie mit ihren Standpunkten am äußersten rechten Rand der Union, für viele jenseits dessen, was für die Partei tragbar war.

Gegen die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie

Noch 1991 stimmte sie gegen die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie – bestand in der heiklen politischen Nachwendezeit, als ganz Europa sich fragte, was für ein vereinigtes Deutschland da wiedererstehen würde, auf Entschädigungszahlungen für die deutschen Vertriebenen durch Polen und Tschechien. Mit dem Satz, Warschau habe 1939 früher als die deutsche Wehrmacht mobil gemacht, schob sie Polen eine Mitschuld am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs zu. Das löste Empörung auch bei Parteikollegen aus - insofern hatte der Entfremdungsprozess zwischen Erika Steinbach und der Union schon begonnen, lange bevor die streitbare 73-Jährige sich in ein verbales Twitter-Dauerfeuer gegen die Flüchtlingspolitik Angela Merkels einschoss.
Im März vergangenen Jahres schrieb die frühere Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, die Bundesregierung handle in der Flüchtlingskrise "wie in einer Diktatur". Kurz zuvor hatte sie ein Bild gepostet, das ein blondes Kind umringt von dunkelhäutigen Menschen zeigt. "Deutschland 2030" stand darüber. Überraschend an ihrem Austritt an der Partei ist daher nur, dass er erst so spät erfolgte.

Steinbach wird bis zur Wahl eine Einzelfigur bleiben

Schadet sie damit der Union? Wohl kaum. Weder ist es Erika Steinbach gelungen, um sich herum eine Bewegung von konservativen Abspaltern zu sammeln, die mit ihr die Partei verlassen würden. Noch waren die Bemühungen erfolgreich, ein konservatives Milieu innerhalb der Union zu schaffen, wo sich jene sammeln und artikulieren könnten, die einen Groll gegen Merkels Politik der Mitte hegen. Mögliche Mitstreiter wie der frühere innenpolitische Sprecher Wolfgang Bosbach oder Thomas Dörflinger, Gründer des konservativen Berliner Kreises innerhalb der Fraktion, haben sich nicht als rechter Gegenpol zu Merkel institutionalisieren können.
Insofern wird Steinbach bis zur Wahl, zu der sie ohnehin nicht mehr kandidieren wird, eine Einzelfigur bleiben, eine dauertwitternde One-Woman-Show am hinteren Rand des Plenums, die als solche im Bundestag und in der Öffentlichkeit sicher weniger Gehör finden wird, als dies als Meinungsabweichlerin innerhalb der CDU der Fall war.

Steinbach-Tweets stimmen auf das Niveau künftiger AfD-Debatten ein

Steinbachs Austritt kommt zudem zu einem Zeitpunkt, an dem die Umfragewerte der Union wieder nach oben gehen. Insofern zeigt der Fall Steinbachs nur, was wir angesichts der steigenden Zustimmungsraten zur AfD ohnehin schon wussten: Dass angesichts einer CDU, die sich immer stärker in der politischen Mitte verortet, rechts von der Union Platz frei wird im politischen Spektrum der Parteien. Dieser Platz wird nach den nächsten Wahlen zweifellos von der AfD aufgefüllt werden. Mit ihren Tweets hat uns Steinbach schon einmal auf das Niveau künftiger Debatten mit der AfD eingestimmt. Gewöhnen wir uns also schon einmal daran.
Mehr zum Thema