Zum Abschluss der Klimakonferenz

Angela Merkels leeren Hände

Das COP 23 Gelände der UN-Klimakonferenz 2017 im ehemaligen Regierungsviertel.
Im früheren Regierungsviertel in Bonn ging die zehntägige Klimakonferenz zuende © imago stock&people
Von Georg Ehring  · 18.11.2017
Der Klimagipfel in Bonn war ein Erfolg, allerdings nicht unbedingt für den Gastgeber. Deutschland erntet zwar Lob für eine reibungslose Organisation der Veranstaltung, aber die Lorbeeren für die politischen Ergebnisse gingen an die Fidschi-Inseln, sagt unser Kommentator Georg Ehring.
Das war schon eine Ansage: Großbritannien und Kanada sammeln eine Allianz von Staaten, Regionen und Unternehmen, die bis spätestens 2030 sämtliche Kohlekraftwerke abschalten und damit die klimaschädlichste Art der Stromerzeugung beenden wollen. Die Briten wollen dies schon bis 2025 geschafft haben, und in der Realität sind sie schon jetzt fast so weit. Unterschrieben haben unter anderem sämtliche Nachbarländer Deutschlands außer Tschechien und Polen, unterschrieben haben auch Mexiko, Finnland, Italien, die Marshall-Inseln und eine Reihe anderer Staaten und Regionen.
Und es gab weitere Initiativen in Bonn, die Mut machten. Da war die Zusage von US-Bundesstaaten, Städten und Unternehmen, die Klimaziele ihres Landes trotz der Verweigerungshaltung der Zentralregierung in Washington zu erfüllen. Die Ankündigung von Donald Trump, das Pariser Abkommen aufzukündigen, reizt Klimaschützer nicht nur in den USA zu der Antwort, jetzt erst recht aktiv zu werden.

Verhandlungen über das Kleingedruckte

Und, nicht zuletzt: Die Verhandlungen über das Kleingedruckte des Pariser Abkommens kommen voran. Im nächsten Jahr soll bei einem weiteren Gipfel in Kattowitz das Regelbuch von Paris verabschiedet werden. Gelingt dies, dann hat die Welt einen rechtssicheren Rahmen für den Klimaschutz, auch das ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass das Vorhaben gelingt.
Also, der Klimagipfel war ein Erfolg, allerdings nicht unbedingt für den Gastgeber. Deutschland erntet Lob für eine reibungslose Organisation der Veranstaltung, die Lorbeeren für die politischen Ergebnisse gehen an die Fidschi-Inseln, deren Staatschef Frank Bainmarama die Konferenz geleitet hat. Deutschland ist im Klimaschutz zurückgefallen, auch das hat die Bonner Konferenz deutlich gemacht. Bundeskanzlerin Angela Merkel kam mit leeren Händen. Ausgerechnet vor den Delegierten des Klimagipfels in der Heimat musste sie einräumen, dass die Einhaltung des seit zehn Jahren immer wieder bekräftigten Ziels, bis 2020 den CO2-Ausstoß um 40 % unter den Stand von 1990 zu drücken, fraglich ist. Zur dafür erforderlichen Abschaltung von Braunkohlekraftwerken blieb sie vage und an der Allianz für einen Kohleausstieg bis 2030 ist Deutschland nicht beteiligt.
Bundeskanzlerin Merkel auf der Weltklimakonferenz in Bonn 15. 11.17.
Mit ihrem Auftritt bei der Klimakonferenz enttäuschte Bundeskanzlerin Angela Merkel die Teilnehmer. © AFP / John MACDOUGALL

Selbstverschuldeter Rückstand

Sicher, mit einer Ankündigung im Alleingang hätte Merkel die Sondierungsgespräche in Berlin gefährdet. Sie kann nur zusagen, was in der möglichen Jamaika-Koalition verabredet ist. Doch den Rückstand im Klimaschutz hat die Bundesregierung in den vergangenen Jahren selbst verschuldet. Sie hat den Kohleausstieg verzögert, für den Ausbau von Wind- und Solarenergie gab es Obergrenzen anstatt Förderpläne und bei der Festlegung von Spritverbrauchs-Grenzen für Autos wurde die Regierung in Brüssel zum Bremser – Industrieinteressen hatten Vorrang vor Umwelt und Klima.
Die Quittung liefert die CO2-Bilanz: Seit dem Klimagipfel in Kopenhagen im Jahr 2009 sind die Emissionen nicht weiter gesunken. Vielleicht erinnern Sie sich: Angela Merkel ließ sich damals als Klimakanzlerin feiern und es folgte – nichts. Die Versäumnisse der letzten zehn Jahre – so lange gilt Deutschlands 40-Prozent-Ziel schon – setzt auch die Sondierer in Berlin unter Druck. Deutschland muss mehr tun für den Klimaschutz, das ist der Auftrag der nächsten Bundesregierung.

Nachbessern ist angesagt

Mehrfach haben Wissenschaftler in Bonn gezeigt, dass die Anstrengungen nicht nur Deutschlands, sondern der ganzen Weltgemeinschaft noch längst nicht reichen, um die Erderwärmung, wie beschlossen, auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen – für eine Begrenzung unter 1,5 Grad ist der Zug vermutlich ohnehin abgefahren. Die CO2-Emissionen sind nach dreijährigem Stillstand sogar wieder gestiegen. Wenn es so weitergeht, dann hat die Welt ihr Klimabudget, also die Menge an Treibhausgasen, die zu einer Erwärmung um weniger als zwei Grad passt, schon in 15 Jahren komplett aufgebraucht. Der CO2-Gehalt der Atmosphäre ist 2016 so stark gestiegen wie nie zuvor und die Erderwärmung geht weiter: Die drei bisher wärmsten Jahre waren in dieser Reihenfolge 2016, 2015 und 2014.
Nachbessern ist also angesagt. Der Braunkohleausstieg muss schnell kommen, auch für eine Verkehrswende drängt die Zeit. China, Norwegen, die Niederlande und andere Staaten steigern die Zulassungszahlen für Elektroautos, Deutschland hinkt auch hier hinterher. Verglichen mit dem, was früher war, sind die Ergebnisse des Klimagipfels in Bonn erfreulich – fast alle Länder ziehen an einem Strang. An vielen Stellen ist zu sehen, dass der Schutz des Klimas Fahrt aufnimmt. Aber gemessen an dem, was erforderlich wäre, ist es bei weitem nicht genug.
Mehr zum Thema