Zum 80. Geburtstag von Paolo Conte

Der Brummbär aus dem Piemont

Der italienische Sänger und Komponist Paolo Conte
Der italienische Sänger und Komponist Paolo Conte © picture alliance / dpa / Georg Hochmuth
Von Jan-Christoph Kitzler · 06.01.2017
Mit seinen Liedern wie "Azzurro", "Genova per noi" oder "Bartali" hat er längst Musikgeschichte geschrieben. Paolo Conte galt immer wieder als elitär, als Snob. Seine Fans erleben auf der Bühne aber einen liebenswerten, gut gelaunten Mann, der sie begeistert.
Auch mit seinen 80 Jahren steht er noch auf der Bühne und begeistert sein Publikum: Ein Konzert in Turin, im Piemont, dort, wo Paolo Conte herkommt. Die Stimme klingt, als wäre sie nie anders gewesen, und Paolo Conte ist immer noch dieser etwas knurrige Typ, der seine manchmal skurrilen Lieder dahin nuschelt.

Programmtipp: 6.1.2017, 11:07 Uhr Star wider Willen: Paolo Conte zum 80. Geburtstag, Thorsten Bednarz erzählt von einer Begegnung mit dem Musiker, Sendung Tonart

Es gibt Menschen, die sagen, Paolo Conte ist ein Sänger, der nicht singen kann. Aber darum geht es seinen Fans nicht. Darum geht es auch ihm nicht. Conte hat eine sehr spezielle Beziehung zu seiner Stimme:
"Das unterschreibe ich sofort: wunderschön ist sie nicht gerade. Ich habe nie gedacht, dass ich mal ein Sänger werde. Aber in meiner Stimme ist ein Stück Wahrheit. Ich bin der Urheber dessen, was ich singe, ich kenne alle Geheimnisse dessen, was ich geschrieben habe. Und die versuche ich zu übertragen."
In seinen Liedern, zum Beispiel "Gelato al Limon", über Zitroneneis, über Gino Bartali, den Radrennfahrer, oder über Genua, die Hafenstadt in Ligurien, geht es oft um alles und nichts.
Man merkt: Paolo Conte hat einen richtig guten Abend. Wenn er mit zehn sehr guten Musikern auftreten kann, die meist mehrere Instrumente beherrschen, die seine Freunde sind, wie er sagt.

Den Jazz schon im Elternhaus aufgesogen

Immer wieder hat er über den Jazz gesungen, den er schon als Kind in seinem bürgerlichen Elternhaus aufgesogen hat. Sein Vater war Notar, Paolo Conte wurde Anwalt. Ein spätberufener, der erst mit Ende 30 seine erste eigene Platte herausbrachte. Was hat ihn beeinflusst?
"Mir gefällt alle Musik. Ich komme vom Jazz her, denn schon als junger Mensch habe ich vor allem den alten Jazz geliebt, habe Platten gesammelt, war Experte. Aber mich interessiert sowohl die raffinierte als auch die populäre Musik. Aber diesen populären Teil hatte ich immer unter Kontrolle."
Dabei hat Paolo Conte auch regelrechte Hymnen geschrieben: Azzurro zum Beispiel, mit dem Adriano Celentano die Musikwelt eroberte. Als er sich dann, ab Ende der 70er Jahre immer öfter selbst auf die Bühne stellte, begeisterte er mit seinem oft groben, aber nie lauten Stil - mit Geräuschen als Teil seiner Musik und mit dem Kazoo, diesem kleinen Gerät, das halb Gesang, halb Instrument ist und das er noch heute immer wieder aus seiner Brusttasche zieht:
"Das ist mein Geister-Orchester. Das stammt noch aus der Zeit, als ich mir noch kein richtiges Orchester leisten konnte. Mein Bruder hat mir das geschenkt, um mich an die Zeit zu erinnern, als wir Kinder waren und auf dem Kamm geblasen haben. Und so bin ich der größte Kazoo-Spieler der Welt geworden. Und als der will ich erinnert werden."
Aber noch zieht er weiter, denn er fühlt sich gut. Und sein Publikum will ihn noch immer hören. Trotz oder gerade wegen seiner 80 Jahre:
"Das macht mir Angst, die Abrechnung beunruhigt mich. Aber man muss auch die Kraft haben und sagen: die Zahlen sind anagrafische Fakten, aber wenn man sich jung fühlt, dann macht man weiter, kämpft weiter mit gezogenem Schwert."
Einen Snob haben sie ihn genannt, auch weil er keine Botschaft hat, weil es da nichts zu verstehen gibt. Paolo Conte ging es immer nur um die Musik. Und noch immer hat er viel Spaß daran. Auch mit 80.