Zum 250. Geburtstag von Wilhelm von Humboldt

"Sprachen schenken uns die Welt"

Plakat auf der Fassade des Museums für zeitgenössische Kunst (EMST) in Athen mit dem Satz "We (all) are the people" in unterschiedlichen Sprachen
"We (all) are the people" steht in unterschiedlichen Sprachen auf einem Plakat am Museum für zeitgenössische Kunst (EMST) in Athen, während der documenta 2017. © Deutschlandradio / Britta Bürger
Jürgen Trabant im Gespräch mit Gaby Wuttke  · 22.06.2017
Verschiedene Sprachen spiegeln verschiedene Ansichten der Welt. Diese Erkenntnis von Wilhelm von Humboldt war im frühen 19. Jahrhundert revolutionär. Auch heute ließe sich noch viel von ihm lernen, meint der Sprachwissenschaftler Jürgen Trabant.
Während sein Bruder Alexander von Humboldt die Welt bereiste, blieb Wilhelm von Humboldt in Europa und beschäftigte sich unter anderem mit der Erforschung der Struktur von Sprachen. Die Sprachen Amerikas oder Chinas waren für die Menschen von damals "etwas Aufregendes", sagt Prof. Jürgen Trabant. Für den Romanisten und Sprachwissenschaftler sind Humboldts Lehren bis heute gültig:
"Es ist nicht gleichgültig, ob man Englisch, Chinesisch oder Deutsch spricht, weil damit verschiedene Semantiken transportiert werden, durch die wir hindurchdenken müssen. Die Sprachen schenken uns die Welt auf eine ganz bestimmte Art und Weise. Und diese verschiedenen Aspekte sind ein Reichtum, sagt Humboldt. Wir sollten den Reichtum des Denkens in den Sprachen bewahren."
Ebenso wichtig sei für Wilhelm von Humboldt gewesen, dass sich die Menschen ganzheitlich bilden und die Universität ein Ort der Forschung und nicht nur der Lehre ist: "Universitäten sind heute mehr Lernanstalten, Schulen", kritisiert Trabant und knüpft damit an den berühmten Forscher an - "und nicht mehr Orte der gemeinsamen Wissenschaftsproduktion. Diese Orte müssen wir uns bewahren."
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