Zukunftsforscher Horst Opaschowski

Der Vorhersager vom Dienst 

33:49 Minuten
Porträt des Zukunftsforschers Horst W. Opaschowski.
Berater von Willy Brandt, Helmut Kohl und Angela Merkel: Horst Opaschowski. © Benjamin Roeber
Moderation: Katrin Heise · 24.02.2021
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Zeit wird so wertvoll wie Geld: Das ist die Prognose von Horst Opaschowski für die Welt nach Corona. Über 50 Bücher hat der Zukunftsforscher veröffentlicht. Auch mit 80 Jahren blickt er noch in die Vergangenheit, um herauszufinden, was morgen sein wird.
Der Zukunftsforscher Horst Opaschowski möchte "etwas bewegen" und für andere da sein, so formuliert er seinen Antrieb, sich auch im höheren Alter noch mit gesellschaftlichen Entwicklungen zu beschäftigen. "Ich bin von Haus aus Pädagoge; ein Pädagoge will in der Erziehung, in der Bildung etwas verändern. Da kommen Pädagogik, Politik und Gesellschaft zusammen."
Opaschowski ist einer der bekanntesten Protagonisten seiner Zunft. Bereits 1979 gründete der Erziehungswissenschaftler das BAT Freizeit-Forschungsinstitut, das seit 2007 Stiftung für Zukunftsfragen heißt. 2014 folgte die Gründung des "Opaschowski Instituts für Zukunftsforschung".

Erforscher von Wünschen und Ängsten

Als Berater von Politikern wie Willy Brandt, Helmut Kohl und Angela Merkel hat er mit seiner Forschung politische Entscheidungen vorbereitet. Das Wort "vorbereiten" ist ihm wichtig, er sage die Zukunft schließlich nicht voraus, betont Opaschowski: "Ich möchte, dass wir alle auf die Zukunft, auch auf Krisen und ihre Folgen, gut vorbereitet sind."
Um einschätzen zu können, was die Zukunft bringen könnte, arbeitet Opaschowski mit empirischen Erhebungen und sogenannten Zeitreihen. Mittels dieser analysiert er, was sich von der Vergangenheit bis heute verändert hat: "Ich vergleiche Verhaltensweisen, Einstellungen, Sehnsüchte, Wünsche, Ängste von vor fünf, vor zehn oder vor 20 Jahren mit der Jetztzeit und kann von da aus Prognosen wagen."

Von der Unsicherheit zur Selbständigkeit

Ein Trend, den er bei seinen Studien beobachtet, ist die immer schnellere Veränderung der Welt: "Es ist kein Zufall, dass sich die Menschen so nach Sicherheit, nach Gewissheit sehnen. Wir leben in einer Ära der Zukunftsunsicherheit, der Verunsicherung, und darauf müssen wir uns vorbereiten."
Auch Opaschowskis eigenes Leben war von Unsicherheiten geprägt. Geboren 1941, wird er nach der Flucht aus Oberschlesien von seiner Mutter in ein Waisenhaus gebracht: "Die gesamte Kindheit vom vierten bis zum 13. Lebensjahr in Heimen zuzubringen, das ist nicht leicht, und das prägt einen."
Eine positive Folge dieser teilweise sehr belastenden Erfahrungen sei eine ausgeprägte Selbständigkeit gewesen, berichtet er. Schon als Jugendlicher organisiert Opaschowski Jugendfreizeiten. Später arbeitet er als Reiseleiter - der erste Schritt zum späteren Freizeit-Forschungsinstitut: "Da gab es noch kein TUI und kein Neckermann, ich habe mir Gedanken über den Massentourismus gemacht und welche Folgen das hat."

"Schreiben ist für mich eine Lust, keine Arbeit"

Nicht nur über die Zukunft, auch über Tourismus- und Freizeitforschung hat er zahlreiche Bücher geschrieben. "Schreiben ist für mich eine Lust, keine Arbeit", sagt er.
Kein Wunder, dass sich Opaschowski auch als Sprachschöpfer hervorgetan und Spuren im deutschen Sprachschatz hinterlassen hat. Shoppingcenter nannte er "Kathedralen des 21. Jahrhunderts" und seine "Generation @" wurde 1999 sogar Wort des Jahres in Deutschland.
(mah)
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