Zu wenige Frauen auf Musikfestivals?

"Jungs rufen halt gerne Jungs an"

Katja Lucker, Geschäftsführerin des Musicboard Berlin und Festivalleiterin des Berliner Popkultur-Festivals.
Katja Lucker, Geschäftsführerin des Musicboard Berlin und Festivalleiterin des Berliner Popkultur-Festivals. © imago / Bernd Friedel
Katja Lucker im Gespräch mit Gesa Ufer · 03.09.2018
Treten zu wenige Frauen auf Musikfestivals auf? Ja, meint Katja Lucker, Geschäftsführerin beim Musicboard Berlin und Leiterin des Pop-Kultur-Festivals in der Haupstadt - und sagt: "Wir kämpfen hart dafür, das zu ändern."
"Frauen machen sich nicht rar", meint Lucker, "aber Jungs rufen halt gerne Jungs an". Überall, wenn es darum gehe, Gremien zu besetzen, Musiker gebucht werden oder Stellen vergeben werden, sei das einfach noch so.
Aber "wir kämpfen hart dafür, das zu ändern", sagt Lucker. So sei es beim Berliner Pop-Kultur-Festival inzwischen so, dass 55 Prozent der Beteiligten auf der Bühne Frauen, aus der queeren Szene oder "person of color" kommen. "Es geht ja um Diversität".
Neneh Cherry
Neneh Cherry trat beim Berliner Pop-Kultur Festival 2018 auf. © imago/Carsten Thesing
Lucker weist Vermutungen zurück, dass Frauen selbst nicht so gerne auf großen Festivals auftreten: "Dass sie irgendwo nicht spielen, weil sie keine Lust haben oder Ängste oder Migräne, ist echt Mittelalter und totaler Blödsinn."
"Wenn uns Männer sagen: Du, wir wussten da gerade nicht, wir konnten da gar nichts buchen oder auch für Talks, die veranstaltet werden, die wir zum Beispiel als Musicboard fördern, dann schicken wir eine sehr lange Liste mit sehr vielen tollen Frauen, die gebucht werden können. Und dann sagen die Männer immer wieder: Uups, wussten wir gar nicht, dass es die alle gibt."
Im schwedischen Göteborg gab es am Wochenende das Statement-Festival - von und nur für Frauen. Transgender waren zugelassen, aber keine Männer - auch keine männlichen Sicherheitskräfte oder Journalisten. Auslöser dafür waren Vorkommnisse beim Bravalla-Festival im schwedischen Norrköping im vergangenen Jahr. Damals erstatteten vier Frauen wegen Vergewaltigung und in 23 Fällen Anzeige wegen sexueller Angriffe.
Frauen beim männerfreien Statement Festival in Göteborg.
Frauen beim männerfreien Statement Festival in Göteborg.© TT News Agency / Frida Winter
"Da war der Grund, einen Schutzraum zu kreieren", sagt Lucker. Sie sei ansonsten aber gegen solche Festivals. "Es ist ein fatales Zeichen unserer Zeit, dass wir Schutzräume im Jahr 2018 bieten müssen, weil Frauen Angst haben, von Männern sexuell missbraucht zu werden."
(mhn)
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