Zlatan Ibrahimović: "Adrenalin: Was ich noch nicht erzählt habe"

Der große Unberechenbare

05:23 Minuten
Zlatan Ibrahimović im Spiel des AC Mailand gegen den FC Liverpool in der Champions League
Zlatan Ibrahimović spielte bei vielen europäischen Spitzenvereinen - und steht zurzeit beim AC Mailand unter Vertrag. © dpa / picture alliance / Piero Cruciatti
Von Stefan Osterhaus · 17.04.2022
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Zlatan Ibrahimović ist eine der schillerndsten Figuren im Weltfußball. Seine Karriere bietet Stoff für mehr als eine Biografie. Deshalb hat er nun mit "Arenalin" seine zweite Autobiorafie vorgelegt. Darin geht es auch ums Alter.
Es passiert nicht selten, dass Fußballer Gefallen an dem Genre der Biografie oder der Autobiografie finden. Nahezu jeder, der es im letzten Jahrzehnt zu großen Erfolgen gebracht hat, wurde porträtiert, manche Profis sogar mehrfach: Weltstars wie Cristiano Ronaldo oder Lionel Messi.
Auch der Schwede Zlatan Ibrahimović, der unbestreitbar zur kleinen Elite der kickenden Superstars zählt, ist im Genre der Autobiografie hervorgetreten. Bereits sein erstes Werk „Ich bin Zlatan" war seinerzeit eine Sensation. Das hatte mehrere Gründe. Zum einen hatte es Ibrahimović mit dem schwedischen Schriftsteller David Lagercrantz zusammengeschrieben. Sie ergänzten sich ideal, der Krimiautor Lagercrantz traf den Ton perfekt, um Ibrahimović in Szene zu setzen.

Erste Biografie erzählt Aufsteigergeschichte

Zum anderen war es die Geschichte eines Aufsteigers aus einem Problemviertel. Es war also nicht nur ein Sportbuch, sondern auch eine Milieustudie, ein Sozialreport.
Dass er ein einfacher Charakter für seine Mitspieler war, behauptet Ibrahimović darin nicht im Ansatz. Die robuste Durchsetzungskraft, die er sich als Heranwachsender im Malmöer Viertel Rosengard zulegte, war ihm auch im Profifußballer behilflich. Und wenn er über seine Karriere als Spitzenspieler schrieb, dann las sich diese Biografie wie ein Schlüsselloch-Report.

Disput mit Louis van Gaal ohne Folgen

Über Louis van Gaal, der als Trainer eine Legende ist, notierte er: „Bei Ajax lief auch noch Louis van Gaal rum. Der war Technischer Direktor und erklärte mir mit dem Bleistift, wann ich wohin laufen sollte. Ich habe ihm gesagt: Hör mal, Meister, du hast mir gar nichts zu sagen – geh' in dein Büro und schreib' Briefe.“

Der Disput, sofern er denn stimmt, hatte für Ibrahimović keine erkennbaren Konsequenzen.
Nicht minder aufsehenerregend war seine Einschätzung zum ehemaligen Barcelona- und Bayern-Trainer Pep Guardiola, der heute Manchester City trainiert. Den Philosophen – gemeint war Guardiola – brauche es im Klub gar nicht. Ibrahimović und der Zwerg – gemeint war Lionel Messi – würden schon ausreichen.
Fußballspieler Zlatan Ibrahimović und sein Trainer Pep Guardiola in einem Spiel des FC Barcelona
In seiner ersten Biografie kritisierte Zlatan Ibrahimović seinen ehemaligen Trainer Pep Guardiola, mit dem er beim FC Barcelona war.© dpa / picture alliance / S. Lau
Ein solches Buch steht bis heute relativ einsam unter den zahllosen Publikationen da. Ganz nebenbei unterfütterte Ibrahimović damit schriftstellerisch seinen Status als der große Unberechenbare des Weltfußballs.

Ibrahimović attackiert ehemaligen Trainer Sacchi

„Ich bin Zlatan“ war so herausragend, dass der Nachfolger „Adrenalin: Was ich noch nicht erzählt habe“ zwangsläufig dagegen abfallen musste. Obschon Ibrahimović im Stile eines Klartext-Redners weiterhin über die Größen des Weltfußballs urteilt.
Über Arrigo Sacchi, den großen Trainer des AC Mailand, sagt er: "Sacchi war ein Revolutionär. Er hat den Fußball auf den Kopf gestellt, das erkenne ich an. Aber er hatte mich immer auf dem Kieker, und ich habe den Grund dafür nie so recht verstanden. Man hat mir sogar gesteckt, dass er Guardiola geraten hat, mich nicht nach Barcelona zu holen. Zwei große Freunde, die beiden. Nicht meine Freunde. Sacchi hatte eine Kolumne in der ‚Gazzetta dello Sport‘, und mir kam es so vor, als würde er mich mehr auf persönlicher als auf professioneller Ebene kritisieren. So etwas akzeptiere ich nicht.“

Buchrücken in goldener Farbe

Es geht also auch in „Adrenalin“ schillernd zu. Schon die Aufmachung des Buches vermittelt dies: Der Buchrücken ist in goldener Farbe gehalten.

Zlatan Ibrahimović: "Adrenalin: Was ich noch nicht erzählt habe"
Malik Verlag, München 2022
288 Seiten, 22 Euro

„Adrenalin“ kann allerdings auch als eine Methode zur Bewältigung der aufkommenden Midlife-Crisis betrachtet werden. Denn eines ist klar: Mit 40 Jahren glaubt selbst Zlatan Ibrahimović nicht, dass der Fußball seine Zukunft ist. Das stellt er gleich zu Beginn klar:

Okay, ich füge mich meinem Schicksal. Ich bin ein Gott, aber ein Gott, der älter wird. Endlich nehme ich das zur Kenntnis, so wie ich zur Kenntnis genommen habe, dass mein Körper nicht mehr wie früher ist. Jahrelang habe ich die Signale ignoriert, die mein Körper an mich sendete, bevor ich mich entschlossen habe, auf sie zu hören.

Zlatan Ibrahimović in seiner Biografie "Adrenalin"

Dennoch ergeben beide Bücher das ziemlich präzise Selbstbild eines Spielers, der sich gerne sogar noch größer machte, als er es ohnehin schon war.

Ibrahimović war nie Champions-League-Sieger

Denn bei aller Großartigkeit, die den Spieler auszeichnet, bei allen Erfolgen: Eines hat Zlatan Ibrahimović nie gewonnen – die Champions League.
Wie schmerzlich dies für ihn ist, gesteht er in einer Passage ein – als bei einem Auftritt die Hymne der Champions League gespielt werden soll: „Nein, das ist eine Beleidigung, weil ich nie die Champions League gewonnen habe.“
Er wird sie auch nicht mehr gewinnen. Das weiß Zlatan Ibrahimović. Ein zweiter Bestseller wäre da allenfalls ein Trostpreis.

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